Beschluss:

 

Der Gemeinderat beauftragt den Oberbürgermeister folgende Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren „380-kV-Netzverstärkung Daxlanden-Eichstetten“ abzugeben:

 

Der Oberbürgermeister

 

 

 

Regierungspräsidium Karlsruhe

Abteilung

Schlossplatz 1-3

76131 Karlsruhe

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                             23. September 2020

 

Planfeststellungsverfahren zum Vorhaben „380-kV-Netzverstärkung Daxlanden - Eichstetten“, Teilabschnitt A, Umspannwerk Daxlanden - Grenze Regierungsbezirk Karlsruhe / Freiburg, TransnetBW GmbH (Vorhabenträgerin); Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Gemeinderat der Stadt Bühl hat am 23. September 2020 die vorliegenden Planfeststellungsunterlagen zur Kenntnis genommen, dient doch auch diese Maßnahme dazu, die gesteckten Klimaschutzziele der BRD zu erreichen. Doch neben der Umsetzung der Energiewende gilt es auch die Sicherung der Lebensqualität und der Naturgüter entsprechend gleichwertig zu würdigen.

 

Die Gemarkung Bühl lässt sich in 3 Bewertungszonen darstellen. Der Bereich Weitenung bis L 85, Bereich Vimbuch und Balzhofen mit Anbindung an das Umspannungswerk Bühl sowie Bereich Oberweier mit dem Natur- und Landschaftsschutzgebiet Waldhägenich.

Unsere Anregungen werden im Folgenden entsprechend dieser „Zonendefinition“ dargestellt.

 

1. Weitenung – L 85

 

Für diesen Bereich haben im Vorfeld bereits zahlreiche Gespräche mit Vorhabenträgerin, Verwaltung, Ortschaftsrat und Bürgerinitiative (BI) stattgefunden.

Die Bürgerinitiative hatte der Vorhabenträgerin auch immer wieder Skizzen zu möglichen Trassenvarianten zur Verfügung gestellt.

 

In den nun vorgelegten Planfeststellungsunterlagen wird die bereits im Vorfeld seitens der Vorhabenträgerin immer stark vertretende Variante als Antragsvariante dargestellt.

Die Abwägung der im Vorfeld vielfach diskutieren unterschiedlichen Trassen wird in Anlage 16.1 abgehandelt. Allerdings hat die Vorhabenträgerin sich nicht mit der Optimierung der seitens der BI vorgelegten Skizzen auseinandergesetzt, sondern lediglich die vorgelegte Planung bewertet. Die Variante der BI wird als Variante Weitenung 1 bezeichnet.

 

Unter Bezugnahme der Gesamtbewertung 4.5 des Variantenvergleiches ist festzustellen, dass sich die Antragsvariante und die Variante Weitenung 1 in nur 3 Kategorien unterscheiden.

Aus Sicht der Stadt Bühl ist insgesamt zu den im Trassenvergleich erfolgten Bewertungsmerkmalen noch folgende Ergänzungen zu liefern:

Bei der Antragsvariante fehlt die Bewertung der im Bereich der Flurstücke Nrn. 2527-2536 vorhandenen Bewuchses. Die gesamten Flurstücke gelten als Ausgleichsfläche für den Bebauungsplan Sondergebiet Sportplatz Neusatz und den Bebauungsplan Kreuzfeld in Weitenung. Ein Teil der Fläche wurde als Wald angelegt. Diese müssen entsprechend bei der Bewertung beachtet werden.

 

Inwieweit der Eingriff die dort vorhandene Altlast berücksichtigt, ist den Planfeststellungsunterlagen nicht ausreichend zu entnehmen.

 

Nicht nachvollziehbar ist die Bewertung des Landschaftsbildes. Entsteht doch durch die höheren Masten ein weitaus sichtbarer Eingriff in den Naturraum um Weitenung. Doch nicht nur alleine das Landschaftsbild ist hier heranzuziehen, sondern auch die weiterhin bestehende Zerschneidung der Landschaft. Durch eine Bündelung mit der BAB5 könnte für diesen Landschaftsbereich ein hochwertiger Naherholungsbereich entstehen (hier wird auch in Anlage 16.1 auf Seite 92 Bündelungsgebot nach Regionalplanung verwiesen).

Weiter wird in den Planfeststellungsunterlagen immer von einem Abschnitt von 680 m gesprochen. Festzustellen ist, dass hierzu seitens der Bürgerinitiative ein ergänzender Vorschlag vorliegt, die Parallelität bis zu den Masten 473 + 123 A zu führen. Diese Überprüfung fehlt gänzlich.

Es ist zu prüfen, ob hierdurch nicht die Möglichkeit besteht auf weitere, laut Vorhabenträgerin, die Planung wesentlich verteuernde Winkelmasten oder weitere Masten zu verzichten. Laut Vorhabenträgerin wird heute von größeren Überspannungsweiten ausgegangen.

Fest steht, dass auf jeden Fall mit der seitens der BI ergänzten Variante dem Bündelungsgebot weitaus mehr Rechnung getragen werden kann, als seitens der Vorhabenträgerin bewertet.

Dargestellt wird die Antragsvariante mit 4,3 Mio. für 10 Masten davon 6 Winkelmasten, die Variante Weitenung 1 mit 5,1 Mio. für 12 Masten davon 8 Winkelmasten und die Variante Weitenung 2 mit 5,3 Mio. für 12 Masten, davon 10 als Winkelmasten ausgeführt. Inwieweit in dieser Berechnung eingeflossen ist, dass bei der Antragsvariante 2 Maststandorte in einer Altlastfläche liegen und hier eventuell auch mit Mehrkosten gerechnet werden muss, ist nicht dargelegt. Unter Umständen entsteht hier sogar eine Kostenneutralität mit der Variante Weitenung 1.

 

Auf Grund dieser Tatsachen ist für die Stadt Bühl die Bewertung zu den Kosten unter der Überschrift „Gradliniger Verlauf“ nicht nachvollziehbar und erhält gegenüber den anderen Bewertungsmerkmalen einen zu hohen Stellenwert, lässt sich doch der Mehrwert an Lebensqualität nicht in Geld ausdrücken.

 

Bei der Antragsvariante soll auch ein vorhandener Obstbaumstreifen entfallen. Dieser ist Bestandteil einer Streuobstallee. Es ist nicht verständlich warum dieser entfernt werden soll. Die in diesem Bereich geplante Zuwegung sowie Arbeitsflächen, sind zugunsten des

 

Bestandschutzes zu überplanen. Ergänzend hierzu ist auch die Gesamtzuwegung zu überplanen. Es kann nicht sein, dass bei alternativen Möglichkeiten die Baustellenzufahrten direkt im Bereich vorhandener Wohnbebauung erfolgt (Bebauungsgebiet Kreuzfeld), obwohl auch hier eine andere Trassenführung auf vorhandenen Feldwegen möglich ist.

 

2. Bereich Vimbuch / Balzhofen / Anbindung an Umspannungswerk Bühl

 

Hier sind aus Sicht der Stadt Bühl bezüglich Trassenplanung keine Anregungen vorzubringen. Die Verlegung der Trasse in Parallellage zur vorhandenen Leitung bis Mast 468 wird begrüßt.

 

3. Oberweier / Natur- und Landschaftsschutzgebiet Waldhägenich

 

Grundsätzlich können wir hier die vorgelegte Trassenführung mittragen, denn der Eingriff in den empfindlichen Naturhaushalt des Natur- und Landschaftsschutzgebietes wird bereits durch den Rückbau der vorhandenen Masten so stark beeinträchtigt, dass es nicht sinnvoll ist, einen weiteren auch ökologischen besonders wertvollen Bereich zu belasten. Es sei denn, die Naturschutzbehörden bringen hierzu naturschutzrechtliche und ökologische Belange vor, welche eine Verlegung der Trasse auch über die geprüfte Alternative hinaus begründet.

Hierzu signalisiert die Stadt Bühl, dass sie dann diese Anregung zum Wohle und der Entwicklung des Schutzgebietes unterstützt.

Unabhängig hiervon hat die Stadt Bühl auf jeden Fall für den Bereich der Antrags- / Abbautrasse folgende Forderungen:

 

Grundsätzlich sind alle geplanten Zuwegungen in diesem Bereich mit der Stadt Bühl bereits auf Detail-Planungsebene abzustimmen.

Die Zuwegung Mast 136 parallel zum Rückhaltebecken Mättig ist in der geplanten Form aufzugeben. Die bestehenden alten Birnbäume, der kleine Wald, sowie der Feldweg parallel südlich des Große Hägenichsees sind auf Grund ihrer Wertigkeit für das NSG Waldhägenich zu erhalten. Der Abbau des Masten 136 kann über die Zuwegung von Mast 137 erfolgen.

 

Die Masten 137 – 138 liegen in der Kernzone des NSG Waldhägenich. Der Schutzzweck gilt hier den zusammenhängenden Wiesenflächen mit dem Schwerpunkt auf Seggen- und Binsenreichen Nasswiesen. Die entsprechenden Biotoptypen sind der Kartierung der Planfeststellung nicht zu entnehmen. Im NSG sind Bauarbeiten zwischen dem 15. März und dem 15. Juni nicht zulässig (Wiesenbrüterschutz).

 

Bei Nässe dürfen die Flächen nicht befahren werden. Grundsätzlich sind Bodenverdichtungen auf Feuchtwiesen auszuschließen, da durch Verdichtung verlorengegangene Wiesen nicht in ihren Ursprungszustand versetzt werden können. Die Inanspruchnahme der Wiesenflächen darf nur durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen (Baggermatten) in Anspruch genommen werden. Das Abschieben von Böden ist nicht zulässig.

 

 

Zusammenfassung der Stellungnahme der Stadt Bühl:

 

-  Grundsätzlich wird die Netzverstärkung begrüßt.

-  Eine Überarbeitung des Variantenvergleichs im Bereich Weitenung muss erfolgen, da aus Sicht der Stadt Bühl die Aufwertung des Landschaftsraumes zur Naherholung sowie die Bündelung mit der BABA5 mehr wert ist als die gesparten Mehrkosten zur Realisierung der Variante Weitenung 1. Darüber hinaus ist der Eingriff in die Gehölzfläche auf Flst.Nr. 2527-2536 nachzuarbeiten, da diese als Ausgleichsfläche gelten. Aufgrund der aufgeführten Belange lehnt die Stadt Bühl im Bereich Weitenung die Antragsvariante ab, mit der Forderung die seitens der BI neu vorgelegte Variante weiterzuverfolgen und gegebenenfalls zu optimieren.

-  In den Variantenvergleich muss auch der Rückbau und Neubau mit größeren Mastabständen aufgenommen werden.

-  Im Bereich Natur- und Landschaftsschutzgebiet Waldhägenich ist ein enger Abstimmungsmodus mit dem Schutzgebietsbetreuer zu gewährleisten. Eine regionale ökologische Baubegleitung seitens der Vorhabenträgerin ist unabdingbar und sicherzustellen.

-  Die Nutzung empfindlicher Naturräume ist auf das Mindestmaß zu beschränken. Die Zufahrtswege und die bemessenen Arbeitsräume sind nochmals zu überprüfen und die Planung ist zu optimieren.

-  Die Baustellenzufahrtswege sind mit der Stadtverwaltung abzustimmen. Wege mit begleitendem Baumbestand stehen nicht zur Verfügung, sofern dieser nicht erhalten werden könnte, weil die Baufahrzeuge Überbreite bzw.- höhe beanspruchen.

-  Für die geplanten Zuwegungen ist jeweils im Vorfeld eine Zustandsfeststellung (Fotodokumentation) zu erstellen, die der Abteilung Tiefbau vor Beginn der Maßnahme zu übergeben ist.

-  Alle durch die Baumaßnahmen entstandenen Schadstellen / Gefahrenstellen sind von Seiten des Antragstellers dem Tiefbau zu melden, verkehrsrechtlich zu sichern und zeitnah zu beheben.

-  Die zulässige Belastungsklasse von Brücken ist zu beachten und im Zweifelsfall mit dem Straßenbaulastträger (Stadt Bühl: Tiefbau) abzustimmen.

-  Die in Anlage 3.4 Blatt 19 dargestellte Zuwegung über die bestehende Holzbohlenbrücke ist näher zu prüfen. Die Brücke ist in der Unterhaltungslast des Zweckverbands Hochwasserschutz Bühl-Baden-Baden. Die Belastungsklasse ist beim Hochwasserzweckverband zu erfragen.

-  Für die im Rahmen der Zuwegung dargestellten Brückenbauwerke über den Hintermattengraben sind keine Angaben über die Tragfähigkeit vorhanden. Diese Brücken dürfen folglich nicht zum Andienen der Maßnahme mit Fahrzeugen des Schwerlastverkehres überfahren werden.

-  Im Falle, dass prov. Gewässerüberfahrten beispielsweise mittels Verrohrungen hergestellt werden sollten, ist beim Landratsamt Rastatt eine wasserrechtliche Genehmigung einzuholen.

-  Betroffene Grundstückseigentümer sind rechtzeitig zu informieren und evtl. entstehender Flurschaden oder Ernteausfall ist direkt mit den betroffenen Grundstückseigentümern bzw. Pächtern zu regeln und ggf. zu entschädigen.

 

 

-  Städtische Grundstücke, auf denen bereits Dienstbarkeiten zur Sicherung der bisher vorhandenen Hochspannungsleitungen nebst Masten und Schutzstreifen eingetragen sind, und die nach Durchführung der Maßnahme von der 380-kV-Leitung nebst Masten und Schutzstreifen nicht mehr oder weniger betroffen sind, sind aus den Dienstbarkeiten zu entlassen. Ggf. sind bestehende Dienstbarkeiten anzupassen.

-  Hinsichtlich städtischer Grundstücke, welche nach Durchführung der Maßnahme neu von der 380-kV-Leitung, durch Überspannung, Masten oder Schutzstreifen, wenn auch nur teilweise, betroffen sind, sind zur Sicherung dieser Leitung, Masten und Schutzstreifen, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten neu zu bestellen und entsprechende Entschädigungen an die Stadt Bühl zu bezahlen.

-  Die Wiederherstellung der in Anspruch genommenen städtischen Flächen ist mit der Stadt Bühl, bzw. den Pächtern abzustimmen. Ggf. sind Tiefenlockerungen durchzuführen und die Beeinträchtigung von Grünland ist so gering wie möglich zu halten (Überfahrt, Arbeitsraum). Erforderliche Einsaaten haben mit heimischem Saatgut gemäß den gegebenen Standortbedingungen zu erfolgen.

-  Auf die gemeinhin bekannte PFC-Problematik wird hingewiesen. Entsprechende Vorkehrungen sind zu treffen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass kein Eintrag von PFC in das Grundwasser oder bisher unbelastete Flächen erfolgt.

-  Es ist sicherzustellen, dass die durch Wege erschlossenen landwirtschaftlichen Grundstücke auch während der Baumaßnahme mit landwirtschaftlichen Maschinen erreicht werden können.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Hubert Schnurr

 

 

 


Stadtrat Feuerer wirkt aufgrund Befangenheit bei der Beratung und Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt nicht mit.

 

Frau Thévenot, Stadtentwicklung, stellt den Sachverhalt vor und geht auf die Ergänzungen aufgrund der Behandlung im Ortschaftsrat Weitenung sowie auf Fragen aus dem Gemeinderat ein.

 

Stadtrat Fritz sichert die grundsätzliche Zustimmung zum Beschlussvorschlag zu und geht nochmals auf die Belange von Weitenung ein. Es ist richtig, die Variante 1 zu fordern und er bedankt sich auch bei der Bürgerinitiative für ihr großes Engagement.

 

Auch Stadtrat Prof. Dr. Ehinger schließt sich dem Dank an die Bürgerinitiative an und betont die Unterstützung deren Anliegens hinsichtlich des Trassenverlaufs nach Variante 1. Er geht allerdings auch auf die Belastung für Balzhofen ein.

 

Stadtrat Nagel hält die von der Bürgerinitiative entwickelte Trasse ebenfalls für alternativlos. Störend findet er die Trasse durch das Naturschutzgebiet, auch hier sollte die landschaftlich beste Variante gewählt werden.

 

Auch Stadtrat Wäldele geht auf den Bereich Waldhägenich ein und fordert eine regionale ökologische Betreuung vor Ort bei der Durchführung der Baumaßnahme.

 

Stadtrat Jäckel schließt sich den Äußerungen seiner Vorredner an und sichert Zustimmung zu.

 

Oberbürgermeister Schnurr hält abschließend fest, dass der folgende Beschlussvorschlag die Ergänzungen hinsichtlich der regionalen ökologischen Baubegleitung bzw. Unterstützung der oberen Naturschutzbehörde hinsichtlich der Verlegung aus dem Naturschutzgebiet beinhaltet und vor allem aber auch die Ergänzungen durch den Ortschaftsrat Weitenung.

 


Abstimmungsergebnis: Einstimmiger Beschluss (22 Ja-Stimmen)