Sitzung: 16.11.2022 Gemeinderat
Vorlage: 2022/176
Beschluss:
Der Gemeinderat beschließt die
beigefügte 3. Änderungssatzung zur Erschließungsbeitragssatzung vom 23.
November 2016.
Stadtrat Feuerer bittet darum, zu erklären, worauf die Änderung gezwungenermaßen begründet ist. Grundsätzlich ist er der Meinung der Verwaltung, jedoch ist die rechtliche Auffassung eine andere. Dies muss auch nach außen transportiert werden, da die Satzungsänderung sicherlich für Verärgerung sorgen wird.
Herr
Bauer, Finanzen – Beteiligungen – Liegenschaften erläutert, dass mit der
derzeit geltenden Satzung versucht wurde ein Stück weit für Gerechtigkeit zu
sorgen. Bisher galt, dass Grundstücke,
die von einer Straße erschlossen werden, für diese Straße zahlen. Wenn eine
weitere Straße hinzukommt, wird dieses nur noch mit 50 % und bei einer nochmals
dazu kommenden Straße dann nur noch mit 33,33 % der Nutzungsfläche veranlagt.
So musste ein Grundstück im ungünstigsten Fall bei drei Erschließungsanlagen
insgesamt nur zu 183 % statt zu 300 % der Nutzungsfläche zum
Erschließungsbeitrag herangezogen werden. Mit Übergang vom Bundes- ins
Landesrecht galt dann, dass die Gemeinde in der Satzung vorsehen kann, dass
Grundstücke, die durch eine weitere gleichartige Erschließungsanlage
erschlossen werden, bei der Verteilung der beitragsfähigen Erschließungskosten
nur anteilig oder überhaupt nicht berücksichtigt werden. Wenn ein Grundstück
nachweislich schon zum Beitrag mit 100 % veranlagt wurde, wurde es bei jeder
weitern Anlage mit 0 % berücksichtigt. Dies hat bei den Betroffenen für
Akzeptanz gesorgt. Die Gemeindeprüfungsanstalt hat im Rahmen der überörtlichen
Finanzprüfung die Regelung kritisiert, da diese Regelung im Hinblick auf das
Willkürverbot und den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig sei. Der Gemeindetag
sieht das ebenso. Es wurde der Stadt aufgegeben, rechtmäßige Zustände zu
schaffen und die Erschließungsbeitragssatzung zu ändern. Inzwischen tendiert
auch die Rechtsprechung dazu, solche Regelungen zurückzunehmen.
Stadtrat Seifermann fehlt das Verständnis für
die Rechtslage und die Rechtsprechung. Niemand kann nachvollziehen, dass ein
Grundstück mehrfach für Straßen veranlagt wird. Die Akzeptanz der Bürger
hierfür ist gering. Er signalisiert, dass er sich enthält, die Rechtslage muss
sich hier in naher Zukunft ändern, da sie weder gerecht noch nachvollziehbar
ist.
Auf entsprechende Nachfrage von Stadträtin
Dr. Burget-Behm erläutert Herr Bauer, dass bei einer Ablehnung des
Beschlussvorschlags eine Verfügung des Regierungspräsidiums als Rechtsaufsichtsbehörde
die Folge wäre, die zur Umsetzung des Beschlussvorschlags anweist. In einem
Verfahren wäre dann nicht sicher, ob die Stadt mit dieser Satzung durchkommt.
Stadtrat Feuerer stellt fest, dass bei einer
Ablehnung letztendlich das Regierungspräsidium entscheiden müsste und fragt
sich, ob man so einen Weg gehen möchte, da dies auch ein Problem anderer
Kommunen ist.
Auch für Stadtrat Prof. Dr. Ehinger und die
FW-Fraktion ist die Rechtsprechung nicht nachvollziehbar. Damit man
Rechtsicherheit hat, muss man jedoch dem vorgelegten Beschlussvorschlag
zustimmen.
Stadtrat Hirn erklärt, dass sich bei diesem
Thema immer Fronten aufbauen und es Streit gibt. Er signalisiert die Zustimmung
der SPD-Fraktion.
Stadtrat Nagel erinnert daran, dass man keine
wirksame Abrechnung von Erschließungsbeiträgen erstellen kann, wenn dem
Beschlussvorschlag nicht zugestimmt wird. Beim Kommunalabgabengesetz handelt
sich um Landesrecht, hier könnte die Landesregierung eine Änderung vornehmen.
Herr Bauer ergänzt, dass das Landesrecht
diese Regelung ermöglicht, die Rechtsprechung tendiert allerdings immer mehr
dazu, das Grundgesetz mit dem Willkürverbot und dem Gleichbehandlungsgrundsatz
zu berücksichtigen.
Auf Nachfrage von Stadtrat Löschner erläutert
Herr Bauer, dass es keine Vermarktungsprobleme aufgrund dieser Regelung
vorliegen. Wenn in einem Bebauungsplangebiet ein Grundstück an zwei Straßen
angrenzt, wird es für jede nur zu 50 % berücksichtigt. Die vorliegende
Problematik gibt es nur, wenn es zu einer bestehenden Straße eine zusätzliche
hinzukommt.
Entsprechend der Nachfrage von Stadtrat
Jäckel erläutert Herr Bauer, dass, wenn die Regelung belassen wird und dagegen
Klage erhoben wird, automatisch ein Gerichtsverfahren folgt. So weit möchte man
es aber nicht kommen lassen, da die Tendenzen der Gerichte dahingehen, dass
diese Regelung so nicht umgesetzt werden darf aufgrund des
Gleichheitsgrundsatzes.
Stadtrat Feuerer betont, dass es letztendlich ein hohes Risiko ist, das man bei einer Ablehnung des Beschlussvorschlags eingeht. Es ist ein heikles Thema, welches nicht nur die Stadt Bühl betrifft. Er signalisiert die Zustimmung zum Beschlussvorschlag.
Abstimmungsergebnis:
25 Ja-Stimmen, keine
Nein-Stimmen, 4 Stimmenthaltungen