Vorstellung der Ergebnisse aus der Wohnungsbedarfsprognose für die Stadt Bühl
III.
Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat beschließt die
Wohnungsbedarfsprognose vom Beratungsunternehmen „empirica ag“ vom 27.
September 2018, welche als Grundlage für weitere Vorgehen in der
Wohnungsmarktpolitik herangezogen wird.
I.
Sachverhalt:
Im Rahmen des Bühl-2025-Prozesses wurde zum
strategischen Oberziel „Wohnungsbau für alle – Sozialer Wohnungsbau“ die
Modellprojektgruppe „Bedarfsermittlung von Wohnungen“ gebildet, mit dem Ziel
welche Art von Wohnraum in welcher Kapazität und in welchen Schichten der
Bevölkerung zukünftig zur Verfügung gestellt werden muss und was zu tun ist, um
dies zu erreichen.
Aufgrund der hohen Komplexität der
Durchführung einer Bedarfsermittlung wurde mit der Zustimmung des Gemeinderates
in seiner Klausurtagung am 20. Oktober 2017 über die Projektgruppe das
Beratungsunternehmen „empirica ag“ aus Berlin/Bonn mit der
Wohnungsbedarfsprognose beauftragt. Um einen umfassenden Gesamtüberblick über
den Wohnungsmarkt in Bühl zu erhalten, führte das Beratungsunternehmen Expertengespräche
mit Akteuren aus der Wirtschaft, Wohnungswirtschaft und den Verwaltungen des
Landratsamts Rastatt und der Stadt Bühl durch. Ergänzt wurde die Untersuchung
um die Ergebnisse aus dem Workshop zur Wohnungsbedarfsprognose am 4. Juni 2018,
an dem alle interviewten Akteure eingeladen wurden. Dabei wurden mögliche
Ziele, Handlungsfelder und Maßnahmen gemeinsam diskutiert und erarbeitet. Die
Modellprojektgruppe begleitete die Erarbeitung der Studie über die gesamte
Projektlaufzeit.
Grundsätzliches zur Studie
Nach der Bestandsaufnahme der
sozialdemografischen und ökonomischen Rahmenbedingungen in der Stadt Bühl wird
der Wohnungsbedarf ermittelt. Dabei wird ein Untersuchungszeitraum von 2016 bis
2036 angesetzt, welcher in 5 Jahresabschnitten aufgegliedert ist. Der
Wohnungsbedarfsprognose liegen dabei zwei Szenarien bzw. Varianten zugrunde,
der „Untere Rand“ und der „Obere Rand“, so dass die minimale bis maximale
Spannbreite erfasst werden kann. Um den Bedarf richtig ermitteln zu können,
wird im Rahmen der Prognose zunächst die künftige Bevölkerungsentwicklung
betrachtet, bevor der Wohnungsbedarf und dann der Wohnbauflächenbedarf
berechnet wird.
Sozialdemografische und ökonomische
Bestandsaufnahme
In den letzten Jahren konnte die Stadt Bühl
immer wieder ein leichtes Bevölkerungswachstum verzeichnen. Seit dem Jahr 2011
beträgt der Zuwachs ca. 2%. Die Bevölkerungsgewinne sind allerdings allein auf
die Zuwanderung in die Stadt Bühl zurückzuführen.
…
- 2 -
Die Stadt Bühl profitiert von positiven
ökonomischen Rahmenbedingungen. So steigt die Arbeitsplatzzahl kontinuierlich
an. Seit 2008 ist bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (SVP)
ein Anstieg von ca. 13% zu erkennen. Derzeit sind in Bühl knapp 20.000 SVP
gemeldet.
Sehr auffällig für die Größe einer Stadt wie
Bühl sind die Pendlerüberschüsse. Der Pendlerüberschuss liegt in Bühl bei über
7.000 SVP. Die Arbeitslosenquote ist mit ca. 3,5% sehr gering, auch der Anteil
der Transferhaushalte liegt in Bühl niedrig.
Bevölkerungsentwicklung
Bei der Ermittlung der
Bevölkerungsentwicklung für die Variante „Unterer Rand“ wird zunächst ein
leichter Anstieg der Bevölkerung von ca. 29.290 Einwohner (EW) im Jahr 2016 auf
bis zu knapp über 29.500 EW bis zum Jahr 2031 angenommen, welcher dann wieder leicht
abfällt. Bei der oberen Variante wird ein stetiger Anstieg auf bis zu ca.
30.550 EW im Jahr 2036 prognostiziert.
Werden bei der Bevölkerungsentwicklung die
Angaben vom statistischen Landesamt Baden-Württemberg als Vergleich
herangezogen, pendeln sich die von empirica ermittelten Werte zwischen den vom
statistischen Landesamt ein.
Wohnungsbedarf
Die Studie kommt zum Ergebnis, dass in allen
Preissegmenten Engpässe erkennbar sind. Beim Wohnungsbedarf ergibt sich dadurch
im unteren Rand einen leichten Anstieg von 71 Wohnungen pro Jahr im Zeitraum
von 2012-2016 auf 74 Wohnungen pro Jahr im Zeitraum von 2017-2021. Danach fällt
der Bedarf bis zum Zeitraum 2032-2036 auf 55 Wohnungen pro Jahr zurück.
Beim oberen Rand ist ein Anstieg bis zum
Zeitraum 2027-2031 auf 88 Wohnungen pro Jahr zu verzeichnen, danach ist mit
einem Rückgang auf bis zu 84 Wohnungen pro Jahr zu rechnen (Zeitraum
2032-2036).
Wohnbauflächenbedarf
In Wohnbauflächenbedarf umgerechnet ergibt
sich für den unteren Rand daraus ein Gesamtwohnbauflächenbedarf von 42 ha und
für den oberen Rand von 57 ha. Abzüglich des theoretischen Flächenpotenzials
(d.h. Aktivierung von Baulücken zu 30% und von Flächen aus dem
Flächennutzungsplan zu 100%) besteht in Bühl ein Gesamtdefizit für den unteren
Rand von 3 ha und für den oberen Rand 18 ha.
Wohnraumbedarfe nach Zielgruppen
Auf der Grundlage des ermittelten
Wohnungsbedarfs ergibt sich folgende Aufteilung der Wohneinheiten auf
Hausformen (MFH und EZFH) und Preissegmente:
·
30-35
Wohneinheiten in Mehrfamilienhäuser (MFH) pro Jahr in allen Preissegmenten
o
30-40%
selbstgenutztes Eigentum
60-70% Miete
…
- 3 -
o
30-40%
mittlere bis große Mietwohnungen und
60-70% kleine Wohnungen
o
10-20%
sozial geförderte Wohnungen
80-90% freifinanzierte Wohnungen
·
50-55
Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäuser (EZFH) pro Jahr im mittleren bis
gehobenen Preissegment
o
80-90%
als freistehende Einfamilienhäuser / Doppelhaushälften
o
10-20%
Reihenhäuser
Gemäß der empirica-Studie besteht in Bühl
besonders ein Bedarf an Wohnraum für Familien, Ein- und Zweipersonenhaushalte,
Ältere, Berufseinsteiger und Starterhaushalte. Die Zielgruppen finden sich
grundsätzlich in allen Bereichen wieder, sowohl in MFH als auch in EZFH zur
Miete oder in Eigentum. Schwerpunktmäßig betrachtet suchen Familien eher EZFH
in Eigentum, Ältere Eigentumswohnungen (barrierefrei) und die
Berufseinsteiger/Starterhaushalte kleine Mietwohnungen.
Handlungsempfehlungen
Im Rahmen der Studie wurde auch ein
Maßnahmenkatalog für die Stadt Bühl erarbeitet. Hier die wichtigsten
Handlungsfelder zusammengefasst:
Fortsetzung
der Zwischenerwerbspolitik
Die Zwischenerwerbspolitik ist eines der
wichtigsten Instrumente einer Kommune, um Baulandpreise stabil zu halten und
baulandpreisdämpfende Wirkung bis hin zu sozialgerechte Preise zu erreichen.
Weiterhin können dadurch vorhandene Baulücken abgebaut werden, ohne dabei
weitere entstehen zu lassen. Daher ist es wichtig, dass die bisher
durchgeführte Zwischenerwerbspolitik fortgeführt wird.
Ausweisung
weiterer Wohnbauflächen
Aufgrund strenger Vorgaben zum Zeitpunkt der
letzten Flächennutzungsplan-Fortschreibung mussten im Rahmen des Verfahrens
viele Wohnbauflächen zurückgenommen werden. Der Stadt Bühl stehen nach heutigem
Stand daher nicht ausreichend strategische Flächenreserven zur Steuerung des
Wohnungsmarktes bzw. der Bevölkerungsentwicklung zur Verfügung. Mit weiteren
Wohnbauflächen kann der Stadt Bühl mehr Verhandlungsmasse und
Planungsalternativen für die bisher praktizierte Zwischenerwerbspolitik an die
Hand gegeben werden, wodurch die Kommune flexibler und effektiver neue
Wohnbaugebiete entwickeln könnte.
Weitere Möglichkeiten sind beispielsweise
die Sicherung von preiswertem Wohnraum im Bestand und der Neubau preiswerter
Wohnungen sowie Angebote für Familien und Ältere sowie Wohnraum für die
Arbeitskräfte der Bühler Wirtschaft zu schaffen.
…
- 4 -
Die Modellprojektgruppe „Bedarfsermittlung
von Wohnungen“ bzw. die Verwaltung empfiehlt dem Gemeinderat die
Wohnungsbedarfsprognose vom Beratungsunternehmen „empirica ag“ vom 27.
September 2018 zu beschließen und sie als Grundlage für weitere Vorgehen in der
Wohnungsmarktpolitik heranzuziehen.
II. Finanzielle Auswirkungen:
Für die Erstellung der
Wohnungsbedarfsprognose wurden bisher ca. 43.000 € Haushaltsmittel
herangezogen. Hierbei inbegriffen sind die Interviews mit den Experten und der
Workshop mit den Interviewten.
Anlagenverzeichnis: