Betreff
„Wohnungsbau für alle – Sozialer Wohnungsbau“ als Ziel im Rahmen des Bühl-2025-Prozesses,
Vorstellung der Ergebnisse aus der Wohnungsbedarfsprognose für die Stadt Bühl
Vorlage
VO/973/2018
Art
Vorlage

III. Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt die Wohnungsbedarfsprognose vom Beratungsunternehmen „empirica ag“ vom 27. September 2018, welche als Grundlage für weitere Vorgehen in der Wohnungsmarktpolitik herangezogen wird.

 

 


I. Sachverhalt:

Im Rahmen des Bühl-2025-Prozesses wurde zum strategischen Oberziel „Wohnungsbau für alle – Sozialer Wohnungsbau“ die Modellprojektgruppe „Bedarfsermittlung von Wohnungen“ gebildet, mit dem Ziel welche Art von Wohnraum in welcher Kapazität und in welchen Schichten der Bevölkerung zukünftig zur Verfügung gestellt werden muss und was zu tun ist, um dies zu erreichen.

 

Aufgrund der hohen Komplexität der Durchführung einer Bedarfsermittlung wurde mit der Zustimmung des Gemeinderates in seiner Klausurtagung am 20. Oktober 2017 über die Projektgruppe das Beratungsunternehmen „empirica ag“ aus Berlin/Bonn mit der Wohnungsbedarfsprognose beauftragt. Um einen umfassenden Gesamtüberblick über den Wohnungsmarkt in Bühl zu erhalten, führte das Beratungsunternehmen Expertengespräche mit Akteuren aus der Wirtschaft, Wohnungswirtschaft und den Verwaltungen des Landratsamts Rastatt und der Stadt Bühl durch. Ergänzt wurde die Untersuchung um die Ergebnisse aus dem Workshop zur Wohnungsbedarfsprognose am 4. Juni 2018, an dem alle interviewten Akteure eingeladen wurden. Dabei wurden mögliche Ziele, Handlungsfelder und Maßnahmen gemeinsam diskutiert und erarbeitet. Die Modellprojektgruppe begleitete die Erarbeitung der Studie über die gesamte Projektlaufzeit.

 

Grundsätzliches zur Studie

Nach der Bestandsaufnahme der sozialdemografischen und ökonomischen Rahmenbedingungen in der Stadt Bühl wird der Wohnungsbedarf ermittelt. Dabei wird ein Untersuchungszeitraum von 2016 bis 2036 angesetzt, welcher in 5 Jahresabschnitten aufgegliedert ist. Der Wohnungsbedarfsprognose liegen dabei zwei Szenarien bzw. Varianten zugrunde, der „Untere Rand“ und der „Obere Rand“, so dass die minimale bis maximale Spannbreite erfasst werden kann. Um den Bedarf richtig ermitteln zu können, wird im Rahmen der Prognose zunächst die künftige Bevölkerungsentwicklung betrachtet, bevor der Wohnungsbedarf und dann der Wohnbauflächenbedarf berechnet wird.

 

Sozialdemografische und ökonomische Bestandsaufnahme

In den letzten Jahren konnte die Stadt Bühl immer wieder ein leichtes Bevölkerungswachstum verzeichnen. Seit dem Jahr 2011 beträgt der Zuwachs ca. 2%. Die Bevölkerungsgewinne sind allerdings allein auf die Zuwanderung in die Stadt Bühl zurückzuführen.

 

 


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Die Stadt Bühl profitiert von positiven ökonomischen Rahmenbedingungen. So steigt die Arbeitsplatzzahl kontinuierlich an. Seit 2008 ist bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (SVP) ein Anstieg von ca. 13% zu erkennen. Derzeit sind in Bühl knapp 20.000 SVP gemeldet.

 

Sehr auffällig für die Größe einer Stadt wie Bühl sind die Pendlerüberschüsse. Der Pendlerüberschuss liegt in Bühl bei über 7.000 SVP. Die Arbeitslosenquote ist mit ca. 3,5% sehr gering, auch der Anteil der Transferhaushalte liegt in Bühl niedrig.

 

Bevölkerungsentwicklung

Bei der Ermittlung der Bevölkerungsentwicklung für die Variante „Unterer Rand“ wird zunächst ein leichter Anstieg der Bevölkerung von ca. 29.290 Einwohner (EW) im Jahr 2016 auf bis zu knapp über 29.500 EW bis zum Jahr 2031 angenommen, welcher dann wieder leicht abfällt. Bei der oberen Variante wird ein stetiger Anstieg auf bis zu ca. 30.550 EW im Jahr 2036 prognostiziert.

 

Werden bei der Bevölkerungsentwicklung die Angaben vom statistischen Landesamt Baden-Württemberg als Vergleich herangezogen, pendeln sich die von empirica ermittelten Werte zwischen den vom statistischen Landesamt ein.

 

Wohnungsbedarf

Die Studie kommt zum Ergebnis, dass in allen Preissegmenten Engpässe erkennbar sind. Beim Wohnungsbedarf ergibt sich dadurch im unteren Rand einen leichten Anstieg von 71 Wohnungen pro Jahr im Zeitraum von 2012-2016 auf 74 Wohnungen pro Jahr im Zeitraum von 2017-2021. Danach fällt der Bedarf bis zum Zeitraum 2032-2036 auf 55 Wohnungen pro Jahr zurück.

 

Beim oberen Rand ist ein Anstieg bis zum Zeitraum 2027-2031 auf 88 Wohnungen pro Jahr zu verzeichnen, danach ist mit einem Rückgang auf bis zu 84 Wohnungen pro Jahr zu rechnen (Zeitraum 2032-2036).

 

Wohnbauflächenbedarf

In Wohnbauflächenbedarf umgerechnet ergibt sich für den unteren Rand daraus ein Gesamtwohnbauflächenbedarf von 42 ha und für den oberen Rand von 57 ha. Abzüglich des theoretischen Flächenpotenzials (d.h. Aktivierung von Baulücken zu 30% und von Flächen aus dem Flächennutzungsplan zu 100%) besteht in Bühl ein Gesamtdefizit für den unteren Rand von 3 ha und für den oberen Rand 18 ha.

 

Wohnraumbedarfe nach Zielgruppen

Auf der Grundlage des ermittelten Wohnungsbedarfs ergibt sich folgende Aufteilung der Wohneinheiten auf Hausformen (MFH und EZFH) und Preissegmente:

 

·         30-35 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäuser (MFH) pro Jahr in allen Preissegmenten

o   30-40% selbstgenutztes Eigentum
60-70% Miete

 


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o   30-40% mittlere bis große Mietwohnungen und
60-70% kleine Wohnungen

o   10-20% sozial geförderte Wohnungen
80-90% freifinanzierte Wohnungen

 

·         50-55 Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäuser (EZFH) pro Jahr im mittleren bis gehobenen Preissegment

o   80-90% als freistehende Einfamilienhäuser / Doppelhaushälften

o   10-20% Reihenhäuser

 

Gemäß der empirica-Studie besteht in Bühl besonders ein Bedarf an Wohnraum für Familien, Ein- und Zweipersonenhaushalte, Ältere, Berufseinsteiger und Starterhaushalte. Die Zielgruppen finden sich grundsätzlich in allen Bereichen wieder, sowohl in MFH als auch in EZFH zur Miete oder in Eigentum. Schwerpunktmäßig betrachtet suchen Familien eher EZFH in Eigentum, Ältere Eigentumswohnungen (barrierefrei) und die Berufseinsteiger/Starterhaushalte kleine Mietwohnungen.

 

Handlungsempfehlungen

Im Rahmen der Studie wurde auch ein Maßnahmenkatalog für die Stadt Bühl erarbeitet. Hier die wichtigsten Handlungsfelder zusammengefasst:

 

Fortsetzung der Zwischenerwerbspolitik

Die Zwischenerwerbspolitik ist eines der wichtigsten Instrumente einer Kommune, um Baulandpreise stabil zu halten und baulandpreisdämpfende Wirkung bis hin zu sozialgerechte Preise zu erreichen. Weiterhin können dadurch vorhandene Baulücken abgebaut werden, ohne dabei weitere entstehen zu lassen. Daher ist es wichtig, dass die bisher durchgeführte Zwischenerwerbspolitik fortgeführt wird.

 

Ausweisung weiterer Wohnbauflächen

Aufgrund strenger Vorgaben zum Zeitpunkt der letzten Flächennutzungsplan-Fortschreibung mussten im Rahmen des Verfahrens viele Wohnbauflächen zurückgenommen werden. Der Stadt Bühl stehen nach heutigem Stand daher nicht ausreichend strategische Flächenreserven zur Steuerung des Wohnungsmarktes bzw. der Bevölkerungsentwicklung zur Verfügung. Mit weiteren Wohnbauflächen kann der Stadt Bühl mehr Verhandlungsmasse und Planungsalternativen für die bisher praktizierte Zwischenerwerbspolitik an die Hand gegeben werden, wodurch die Kommune flexibler und effektiver neue Wohnbaugebiete entwickeln könnte.

 

Weitere Möglichkeiten sind beispielsweise die Sicherung von preiswertem Wohnraum im Bestand und der Neubau preiswerter Wohnungen sowie Angebote für Familien und Ältere sowie Wohnraum für die Arbeitskräfte der Bühler Wirtschaft zu schaffen.

 


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Die Modellprojektgruppe „Bedarfsermittlung von Wohnungen“ bzw. die Verwaltung empfiehlt dem Gemeinderat die Wohnungsbedarfsprognose vom Beratungsunternehmen „empirica ag“ vom 27. September 2018 zu beschließen und sie als Grundlage für weitere Vorgehen in der Wohnungsmarktpolitik heranzuziehen.

 

 


II. Finanzielle Auswirkungen:

Für die Erstellung der Wohnungsbedarfsprognose wurden bisher ca. 43.000 € Haushaltsmittel herangezogen. Hierbei inbegriffen sind die Interviews mit den Experten und der Workshop mit den Interviewten.

 

 


Anlagenverzeichnis: