III.
Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat beschließt, die Organisation
AMCHA e.V. als Städtepartner mit jährlich 500 Euro zu unterstützen.
I.
Sachverhalt:
Die erste urkundliche
Nennung jüdischer Bewohner in Bühl
stammt von 1579. Bis ins 19.Jahrhundert hinein lebten die Bühler Juden vor
allem vom Viehhandel und ihre wirtschaftlichen Verhältnisse waren, von wenigen
Ausnahmen abgesehen, mehr als bescheiden.
Vor allem die markgräflichen Gesetze zur
Judenemanzipation ermöglichten es jedoch im 19. Jahrhundert nicht nur, dass
immer mehr Menschen jüdischen Glaubens in Bühl ihre Heimat fanden, sondern auch
im gesellschaftlichen Leben der Stadt ihren Platz einnahmen, wenn gleich
antisemitische Vorfälle auch danach immer wieder vorkamen. Mitte des 19.
Jahrhunderts machten jüdische Bürger etwa 10 Prozent der Bevölkerung aus. Die
Einrichtung eines jüdischen Friedhofes, die Errichtung einer Synagoge sowie die
Gründung eines Bezirksrabbinates mit Sitz in Bühl sind Zeugnisse ihres
bürgerlichen Selbstbewusstseins.
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts
verließen etliche Menschen jüdischen Glaubens aus wirtschaftlichen Gründen
unsere Stadt, dennoch gab es bis Ende der 1930er Jahre eine jüdische Gemeinde
in Bühl. Ab dieser Zeit wurden auch in Bühl jüdische Menschen diskriminiert und
verfolgt. Bis 1938 wurden die jüdischen Gewerbebetriebe zur Aufgabe gezwungen
beziehungsweise "arisiert" Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört. Am 22. Oktober
1940 wurden aus Bühl 26 jüdische Einwohner, die nicht mehr auswandern konnten,
in das KZ Gurs deportiert. Nur zwei jüdische Personen, die in sogenannter
"Mischehe" lebten, blieben in Bühl zurück. Einer von ihnen wurde noch
1945 in das Ghetto Theresienstadt deportiert.
Seit den 1990er Jahren hat sich die Stadt
verstärkt dieser wechselvollen und zum Teil unmenschlichen Geschichte der Juden
in Bühl gestellt. Seither wurde nicht nur in zahlreichen Veröffentlichung und
im Stadtmuseum die jüdische Geschichte unserer Stadt in den Blick genommen.
Anfang der 90er Jahre lud die Stadt ehemalige jüdische Mitbürger und deren
Nachfahren zu einem Besuch nach Bühl ein. Seit dieser Zeit werden vielfältige
Kontakte nicht nur von der Verwaltung aus, sondern auch von Bühler Bürgern aus
zu den Familien gepflegt. Letztlich geht auch die 2014 vorgenommen
Straßenumbenennung der Hindenburgstraße in Herbert-Odenheimer-Straße auf diese
Kontakte zurück. Der 2019 verstorbene Ehud Loeb konnte die Straßenumbenennung
in Bühl noch miterleben. Er wuchs als Kind mit dem Namen Herbert Odenheimer in
Bühl auf wurde 1940 nach Gurs deportiert und überlebte die Shoah dank der Hilfe
französischscher Menschen.
Der neue
Straßenname „Herbert-Odenheimer-Straße“ ist ein weiterer Baustein, der das
jüdische Leben in Bühl ins Gedächtnis der heutigen Generationen bringen soll.
In den vergangenen drei Jahrzehnten gab es verschiedene Initiativen zur
Vermittlung dieses Themas. Nachdem 1983 ein Denkmal am Platz der Synagoge
eingeweiht worden war, erschien als erste Publikation im Jahr 1986 ein schmales
Heftchen „Juden in Bühl“. Im Jahr 1992 erschien die Arbeit von
Wilfried Lienhard über das „Dritte Reich“ und seine Auswirkungen in Bühl. Mit
ihr setzte eine intensive Auseinandersetzung mit dem „Dritten Reich“ ein, die
durch Vorträge, Ausstellungen und Exkursionen unterstützt wurde. Ebenfalls 1992
brachte das Stadtgeschichtliche Institut eine Inventarisation des jüdischen
Friedhofes heraus. Nachdem 1993 die Realschule nach dem Bühler jüdischen
Ehrenbürger Carl Leopold Netter benannt wurde, konnte die Stadt Bühl 1999 den
zweiten Band ihrer Stadtgeschichte, etwa 600 Seiten für die Zeit 1848 – 1973,
herausgeben, in der auch intensiv über die Zeit des „Dritten Reiches“ und die
Auswirkungen auf die jüdische Gemeinde berichtet wird. Im Jahre 2000 wurde in
Bühl eine große Ausstellung „Jüdisches Leben“ im Güterbahnhof gezeigt, zu der
innerhalb von nur drei Wochen 5.500 Besucher begrüßt werden konnten. Zu der
Ausstellung erschien ein eigener Band „Jüdisches Leben“, in dem von mehreren
Autoren die Geschichte der jüdischen Gemeinde und ihrer Einrichtungen minutiös
nachgezeichnet wird und den man auch heute noch als Grundlagenband zur
jüdischen Geschichte Bühls bezeichnen kann. An der Stelle der mittlerweile
abgerissenen Güterbahnhofhalle, von der aus 1940 die jüdischen Bürger
deportiert worden waren, wurde im Jahr 2005 ein Mahnmal mit den Namen der 26
deportierten Personen errichtet. Seit 2008 ist in Bühl ein ausgeschilderter
Rundgang mit dem Titel „Auf jüdischen Spuren“ möglich. Ein gedruckter Flyer
stellt die einstigen Standorte der jüdischen Einrichtungen und deren Bedeutung
für die Gemeinde vor und vermittelt Wissenswertes zu den Gemeindemitgliedern.
Das Stadtmuseum Bühl beherbergt seit 2013 eine „Religionsgeschichte“, die einen
besonderen Schwerpunkt zur jüdischen Religion setzt. Anschauliche Exponate,
übersichtliche Texttafeln sowie das multimedial aufbereitete Memorbuch der
Bühler jüdischen Gemeinde machen den Besuch zu einem kurzweiligen und
spannenden Erlebnis für Jung und Alt.
Die Auflistung der Aktivitäten macht deutlich,
dass sich die Stadt Bühl in den letzten vier Jahrzehnten nicht nur der
Erinnerung an die jüdische Geschichte unserer Stadt verpflichtet hat, sondern
und auch der Erinnerung an die Shoah. Die Stadt Bühl
möchte diese Erinnerungskultur weiterführen und ergänzen, in dem sie als
Städtepartner die Organisation AMCHA e.V. unterstützt.
AMCHA hilft und unterstützt traumatisierte
Überlebende des Holocaust und ihre Nachkommen. AMCHA
Deutschland wurde 1988 als Unterstützungsorganisation der Arbeit in Israel sowohl
in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der DDR gegründet. Nach der
Wiedervereinigung fanden beide Vereine unter dem Namen AMCHA Deutschland
zusammen. Der Verein tritt durch Projektarbeit und Fundraising in der
Öffentlichkeit auf, die Stiftung unterstützt die psychosoziale Hilfe durch
AMCHA in Israel finanziell.
Derzeit fühlen
sich vier Städte und Gemeinden den Anliegen von AMCHA Deutschland verbunden.
Als Städtepartner fördern sie einerseits die psychosoziale Hilfe für
Überlebende des Holocaust und ihre Familien in Israel direkt. Andererseits
thematisieren sie in Veranstaltungen die Gegenwärtigkeit der Vergangenheit und
fördern zusammen mit AMCHA Deutschland eine lebendige Erinnerungskultur.
II. Finanzielle Auswirkungen:
Der jährliche
Beitrag zur Unterstützung beträgt 500 EURO.
Anlagenverzeichnis: