IV.
Beschlussvorschlag:
Der
Gemeinderat stimmt den geänderten Richtlinien zur Vergabe von Wohnbauplätzen
(Anlage 2) und den darin enthaltenen geänderten Vergabekriterien (Anlage 3) zu.
Die
Verwaltung wird beauftragt, diese „Bauplatzvergabe-Richtlinien mit
Vergabekriterien zum Verkauf von Wohnbauplätzen“ ab sofort bei der Vergabe der
jeweiligen öffentlich ausgeschriebenen städtischen Wohnbauplätze anzuwenden und
dem Gemeinderat entsprechende Beschlussvorschläge vorzulegen.
I.
Sachverhalt:
Die
Richtlinien
und Kriterien für die Vergabe von
städtischen Wohnbauplätzen wurden am 22.07.2020 durch den Gemeinderat
beschlossen und bei der Vermarktung der Baugrundstücke im Baugebiet
„Feuerwehrgerätehaus“ in Balzhofen angewendet. Die Bewerber*innen hatten keine
Probleme mit dem eingesetzten EDV-Programm, äußerten keine Kritik an dem als
fair empfundenen Punktesystem und den Abläufen im Bewerbungs- und
Vergabeprozess. Daher gingen infolge der breiten Akzeptanz auch keine
Beschwerden über Abläufe und Verfahrensausgang ein.
Aufgrund
der Erfahrungen der Verwaltung bei der Vermarktung für dieses Gebiet, dem
Evaluierungswunsch des Gemeinderates sowie der inzwischen veröffentlichten
Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen bedürfen die beschlossenen
Richtlinien und Kriterien einer Modifizierung. Die BAUPILOT
GmbH, deren Plattform für die technische Abwicklung des Vergabeverfahrens
angewendet wurde, hat in Abstimmung mit dem Gemeindetag ebenfalls eine
Empfehlung mit angepassten Richtlinien und Kriterien vorgestellt.
Die Verwaltung hat das Thema geprüft und beigefügte neue Vorschläge erarbeitet.
Für
die vergleichende Darstellung der alten Fassung der Richtlinien mit dem neuen
Verwaltungsvorschlag ist eine Synopse -Anlage 1- mit dem Änderungsumfang
beigefügt. Die Änderungen bei den Kriterien sind im Bewerberfragebogen
dargestellt. Neue bzw. geänderte Textstellen sind in den Anlagen 2 und 3 „rot“
markiert.
Hinsichtlich
der nach wie vor aktuellen Motivation für die Festlegung von Vergaberichtlinien
wird auf die Gemeinderatsvorlage vom 22.07.2020 verwiesen. Ergänzend dazu
werden im Folgenden weitere oder konkretere Erläuterungen zum Richtlinieninhalt
gegeben:
Die
Stadt Bühl veräußert ihre Wohnbauplätze an Privatpersonen zur Selbstnutzung. Ziel
der Vergaberichtlinien ist es – vorrangig aber nicht ausschließlich –
Ortsansässigen oder Auswärtigen mit hiesigem Arbeitsort bzw. anderweitigem
engen Bezug zur Stadt Bühl und der örtlichen Gemeinschaft die Möglichkeit zu
geben, einen Bauplatz zu erwerben und damit Teil des gemeindlichen Lebens zu
bleiben oder zu werden.
Die
Stadt Bühl verfolgt mit den vorliegenden Richtlinien das Ziel, den sozialen
Zusammenhalt der Bürger*innen unserer Kommune in der Kernstadt und den
Ortsteilen zu stärken und zu festigen. Durch die vorrangige Förderung von
Familien mit Kindern soll der Erhalt stabiler Bevölkerungsstrukturen in der
Gemeinde gesichert und die Ortsbezogenheit in Form eines Hauptwohnsitzes
berücksichtigt werden. Dabei sind die in der einschlägigen Rechtsprechung
vorgegebenen Grenzen und Rahmenbedingungen zu beachten. Wie zuletzt das VG
Sigmaringen (Beschluss vom 21.01.2021, Az. 7 K 3840/20) bestätigt hat, sind die
in den EU-Leitlinien („Leitlinienkompromiss“) niedergelegten Kriterien auch bei
Vergabeentscheidungen für gemeindeeigene Grundstücke zum vollen Wert
heranzuziehen und die Auswahlkriterien der Bauplatzvergabekriterien müssen mit
Vorgaben der EU-Leitlinien in Einklang stehen.
Das städtebauliche Ziel ist es, den ländlichen Raum
unter besonderer Wahrung seiner Eigenart und gewachsenen Struktur als
gleichwertigen Lebensraum zu erhalten und zu entwickeln. Ebenso stellt die
Schaffung stabiler Quartiere zur Integration neu hinzukommender Bürger*innen
durch einen bestimmten Anteil von potenziellen Käufern mit Ortsbezug (§ 1 Abs.
5 und 6 Baugesetzbuch) einen solchen Rechtfertigungsgrund dar (Ulmer
Vergabemodell). Im Sinne der Sozialwohnungspolitik verfolgt die Stadt Bühl mit
dieser Vergaberichtlinie das Ziel, vor allem Familien sowie engagierten
Ortsansässigen und Auswärtigen einen attraktiven Lebensort zur Verfügung zu
stellen. Die Stadt Bühl berücksichtigt wertend - unter Beachtung der Vorgaben
der EU-Kautelen - den aktuellen sowie
den ehemaligen Hauptwohnsitz Bühl der Bewerber*innen. Aufgrund der Vorgaben
dürfen jedoch nur Hauptwohnsitzzeiten von maximal 5 Jahren gewertet werden, was
nun berücksichtigt ist.
Eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur und der soziale
Zusammenhalt sollen in der Stadt Bühl weiterhin gestärkt und gewährleistet
werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass junge Familien - seien sie
einheimisch oder auswärtig - angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungs-
und Immobilienmarkt aktuell große Schwierigkeiten haben, Grund und Boden zu
Wohnzwecken zu erwerben und die Bebauung zu finanzieren. Die
Bauplatzvergabekriterien dienen dazu, dauerhafte, langfristige und nachhaltige
Sesshaftigkeit in der Gemeinde zu ermöglichen, weil diese die soziale
Integration und den Zusammenhalt in der örtlichen Gemeinschaft maßgeblich
stärkt. Deshalb wird bei der Punktevergabe neben dem Hauptwohnsitz auch ein Arbeitsplatz in Bühl berücksichtigt.
Die
Stadt Bühl legt großen Wert auf die Förderung von Familien mit Kindern und will
diese mit der Punktevergabe unterstützen, damit sie auch künftig in der Stadt
Bühl bleiben können und nicht zum Wegzug gezwungen sind. Wegen der mehrjährigen
Bindung junger Familien zur örtlichen Gemeinschaft durch die Nutzung der
bereitgestellten kostenintensiven Infrastruktur in Form von Kindergärten und
Schulen wurden bisher jüngere Kinder durch die entsprechende Punktevergabe
relativ höher berücksichtigt. Der angenommene Effekt trat jedoch nicht ein,
aber es ist erkennbar wichtig, dass generell kindergeldberechtigte Kinder hinsichtlich ihrer Anzahl
berücksichtigt werden müssen. Insofern ist es möglich, die bisherigen
Altersstruktur-Wertungen entfallen zu lassen, was auch zu weniger
Arbeitsaufwand und Vereinfachung führt. Aufgrund der Bedeutung der Kinder wurde
die Punktedeckelung in diesem Sozialkriterium auf 600 angehoben, was aber auch
erforderlich ist zum Ausgleich von Mehrpunkten beim ortsbezogenen Kriterium
Ehrenamt.
Mit
der wertenden Berücksichtigung des Pflegegrades
oder der Behinderung von
Bewerber*innen oder einer oder mehrerer im Haushalt der Bewerber*innen lebenden
Angehörigen stellt sich Bühl seiner Verantwortung für diesen Personenkreis.
Ziel
der Kriterien und Richtlinien ist es, insbesondere den Bewerber*innen die
Möglichkeit zur Bildung von Wohneigentum
zu ermöglichen, die bisher nicht darüber verfügen. Also den erstmaligen Erwerb zu erleichtern. Da
die Anzahl der Bewerber*innen das Maß der zur Verfügung stehenden Bauplätze
deutlich übersteigt, wurde entschieden, bereits vorhandenes Wohneigentum
punktereduzierend zu berücksichtigen. Besitzen Bewerber*innen bereits Wohneigentum
oder ein bebaubares Grundstück ist es aus Sicht der Verwaltung zumutbar, dass
diese bei einer Bauplatzvergabe durch die Vergabe von Negativpunkten
zurückgestellt werden. Ein Ausgleich dieser Negativpunkte ist möglich, wenn die
Bewerber*innen das vorhandene Wohneigentum zur Finanzierung des Neubauvorhabens
veräußert.
Die
örtliche Gemeinschaft in der Stadt Bühl wird maßgeblich geprägt von Menschen,
die sich in Vereinen und Organisationen aktiv betätigen. Das ehrenamtliche und gemeinnützige Engagement
solcher Bewerber*innen wird mit der Vergabe von Punkten berücksichtigt. Die
Wahrnehmung von aktiven, arbeitsintensiven oder vorstandsbezogenen Aufgaben in
einem eingetragenen Verein, einer gemeinnützigen Organisation oder anerkannten
Religionsgemeinschaft innerhalb und außerhalb von Bühl wird deshalb ebenso
wertend berücksichtigt, wie das ehrenamtliche Verdient-Machen für die Stadt
Bühl, innerhalb der Feuerwehr oder einer gemeinnützigen Organisation im
Blaulichtbereich der Stadt Bühl. Die Verwaltung ist der Ansicht, dass aufgrund
der Bedeutung dieser Tätigkeiten für das Gemeinwesen dieses Engagement etwas
stärker wie bisher anerkannt werden sollte und schlägt daher die aufgeführten
Änderungen beim Ehrenamt I und II vor.
Den
aus der Mitte des Gemeinderates vorgetragenen Wunsch nach Berücksichtigung des Einkommens hat die Verwaltung neu
überprüft und schlägt nun die im Bewerberfragebogen beschriebene Regelung vor.
Es bietet sich an, die vom Gesetzgeber festgelegten Grenzen (Stand 2021) für
die Gewährung der Wohnungsbauprämie von 35.000 € bei 1 Person bzw. 70.000 € bei
2 Personen (zur Nivellierung Durchschnitt der letzten 3 Jahre des zu
versteuernden Einkommens) zu verwenden.
Neu
vorgeschlagen wird die Abgabe einer „Selbsterklärung“ mit dem in § 9
beschriebenen Inhalt. Weitere Änderungen oder Ergänzungen können dem
Richtlinientext entnommen werden.
Die
vorgeschlagenen evaluierten Bauplatzvergabe-Richtlinien mit ihren Kriterien und
Punktewertungen sind nach Auffassung der Verwaltung transparent,
nachvollziehbar, rechtskonform, stadtspezifisch, objektiv und nicht
diskriminierend. Die Richtlinien sind umfassend im Voraus eines
Vergabeprozesses normiert, werden dem Anspruch der Bewerber*innen auf eine
ermessensfehlerfreie Entscheidung gerecht, erzeugen aber auch, wie bisher, eine
Selbstbindung der Verwaltung und des Gemeinderates.
II. Klimatische Auswirkungen:
keine
III. Finanzielle Auswirkungen:
keine