Betreff
Änderung der Bauplatzvergabe - Richtlinien mit Vergabekriterien zum Verkauf von Wohnbauplätzen
Vorlage
2021/148
Art
Vorlage

IV. Beschlussvorschlag:

 

Der Gemeinderat stimmt den geänderten Richtlinien zur Vergabe von Wohnbauplätzen (Anlage 2) und den darin enthaltenen geänderten Vergabekriterien (Anlage 3) zu.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, diese „Bauplatzvergabe-Richtlinien mit Vergabekriterien zum Verkauf von Wohnbauplätzen“ ab sofort bei der Vergabe der jeweiligen öffentlich ausgeschriebenen städtischen Wohnbauplätze anzuwenden und dem Gemeinderat entsprechende Beschlussvorschläge vorzulegen.

 

 

 


I. Sachverhalt:

 

Die Richtlinien und Kriterien für die Vergabe von städtischen Wohnbauplätzen wurden am 22.07.2020 durch den Gemeinderat beschlossen und bei der Vermarktung der Baugrundstücke im Baugebiet „Feuerwehrgerätehaus“ in Balzhofen angewendet. Die Bewerber*innen hatten keine Probleme mit dem eingesetzten EDV-Programm, äußerten keine Kritik an dem als fair empfundenen Punktesystem und den Abläufen im Bewerbungs- und Vergabeprozess. Daher gingen infolge der breiten Akzeptanz auch keine Beschwerden über Abläufe und Verfahrensausgang ein.

 

Aufgrund der Erfahrungen der Verwaltung bei der Vermarktung für dieses Gebiet, dem Evaluierungswunsch des Gemeinderates sowie der inzwischen veröffentlichten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen bedürfen die beschlossenen Richtlinien und Kriterien einer Modifizierung. Die BAUPILOT GmbH, deren Plattform für die technische Abwicklung des Vergabeverfahrens angewendet wurde, hat in Abstimmung mit dem Gemeindetag ebenfalls eine Empfehlung mit angepassten Richtlinien und Kriterien vorgestellt. Die Verwaltung hat das Thema geprüft und beigefügte neue Vorschläge erarbeitet.

 

Für die vergleichende Darstellung der alten Fassung der Richtlinien mit dem neuen Verwaltungsvorschlag ist eine Synopse -Anlage 1- mit dem Änderungsumfang beigefügt. Die Änderungen bei den Kriterien sind im Bewerberfragebogen dargestellt. Neue bzw. geänderte Textstellen sind in den Anlagen 2 und 3 „rot“ markiert.

 

Hinsichtlich der nach wie vor aktuellen Motivation für die Festlegung von Vergaberichtlinien wird auf die Gemeinderatsvorlage vom 22.07.2020 verwiesen. Ergänzend dazu werden im Folgenden weitere oder konkretere Erläuterungen zum Richtlinieninhalt gegeben:

 

Die Stadt Bühl veräußert ihre Wohnbauplätze an Privatpersonen zur Selbstnutzung. Ziel der Vergaberichtlinien ist es – vorrangig aber nicht ausschließlich – Ortsansässigen oder Auswärtigen mit hiesigem Arbeitsort bzw. anderweitigem engen Bezug zur Stadt Bühl und der örtlichen Gemeinschaft die Möglichkeit zu geben, einen Bauplatz zu erwerben und damit Teil des gemeindlichen Lebens zu bleiben oder zu werden.

 

Die Stadt Bühl verfolgt mit den vorliegenden Richtlinien das Ziel, den sozialen Zusammenhalt der Bürger*innen unserer Kommune in der Kernstadt und den Ortsteilen zu stärken und zu festigen. Durch die vorrangige Förderung von Familien mit Kindern soll der Erhalt stabiler Bevölkerungsstrukturen in der Gemeinde gesichert und die Ortsbezogenheit in Form eines Hauptwohnsitzes berücksichtigt werden. Dabei sind die in der einschlägigen Rechtsprechung vorgegebenen Grenzen und Rahmenbedingungen zu beachten. Wie zuletzt das VG Sigmaringen (Beschluss vom 21.01.2021, Az. 7 K 3840/20) bestätigt hat, sind die in den EU-Leitlinien („Leitlinienkompromiss“) niedergelegten Kriterien auch bei Vergabeentscheidungen für gemeindeeigene Grundstücke zum vollen Wert heranzuziehen und die Auswahlkriterien der Bauplatzvergabekriterien müssen mit Vorgaben der EU-Leitlinien in Einklang stehen.

 

Das städtebauliche Ziel ist es, den ländlichen Raum unter besonderer Wahrung seiner Eigenart und gewachsenen Struktur als gleichwertigen Lebensraum zu erhalten und zu entwickeln. Ebenso stellt die Schaffung stabiler Quartiere zur Integration neu hinzukommender Bürger*innen durch einen bestimmten Anteil von potenziellen Käufern mit Ortsbezug (§ 1 Abs. 5 und 6 Baugesetzbuch) einen solchen Rechtfertigungsgrund dar (Ulmer Vergabemodell). Im Sinne der Sozialwohnungspolitik verfolgt die Stadt Bühl mit dieser Vergaberichtlinie das Ziel, vor allem Familien sowie engagierten Ortsansässigen und Auswärtigen einen attraktiven Lebensort zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Bühl berücksichtigt wertend - unter Beachtung der Vorgaben der EU-Kautelen - den aktuellen sowie den ehemaligen Hauptwohnsitz Bühl der Bewerber*innen. Aufgrund der Vorgaben dürfen jedoch nur Hauptwohnsitzzeiten von maximal 5 Jahren gewertet werden, was nun berücksichtigt ist.

 

Eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur und der soziale Zusammenhalt sollen in der Stadt Bühl weiterhin gestärkt und gewährleistet werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass junge Familien - seien sie einheimisch oder auswärtig - angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt aktuell große Schwierigkeiten haben, Grund und Boden zu Wohnzwecken zu erwerben und die Bebauung zu finanzieren. Die Bauplatzvergabekriterien dienen dazu, dauerhafte, langfristige und nachhaltige Sesshaftigkeit in der Gemeinde zu ermöglichen, weil diese die soziale Integration und den Zusammenhalt in der örtlichen Gemeinschaft maßgeblich stärkt. Deshalb wird bei der Punktevergabe neben dem Hauptwohnsitz auch ein Arbeitsplatz in Bühl berücksichtigt.

 

Die Stadt Bühl legt großen Wert auf die Förderung von Familien mit Kindern und will diese mit der Punktevergabe unterstützen, damit sie auch künftig in der Stadt Bühl bleiben können und nicht zum Wegzug gezwungen sind. Wegen der mehrjährigen Bindung junger Familien zur örtlichen Gemeinschaft durch die Nutzung der bereitgestellten kostenintensiven Infrastruktur in Form von Kindergärten und Schulen wurden bisher jüngere Kinder durch die entsprechende Punktevergabe relativ höher berücksichtigt. Der angenommene Effekt trat jedoch nicht ein, aber es ist erkennbar wichtig, dass generell kindergeldberechtigte Kinder hinsichtlich ihrer Anzahl berücksichtigt werden müssen. Insofern ist es möglich, die bisherigen Altersstruktur-Wertungen entfallen zu lassen, was auch zu weniger Arbeitsaufwand und Vereinfachung führt. Aufgrund der Bedeutung der Kinder wurde die Punktedeckelung in diesem Sozialkriterium auf 600 angehoben, was aber auch erforderlich ist zum Ausgleich von Mehrpunkten beim ortsbezogenen Kriterium Ehrenamt.

 

Mit der wertenden Berücksichtigung des Pflegegrades oder der Behinderung von Bewerber*innen oder einer oder mehrerer im Haushalt der Bewerber*innen lebenden Angehörigen stellt sich Bühl seiner Verantwortung für diesen Personenkreis.

 

Ziel der Kriterien und Richtlinien ist es, insbesondere den Bewerber*innen die Möglichkeit zur Bildung von Wohneigentum zu ermöglichen, die bisher nicht darüber verfügen. Also den erstmaligen Erwerb zu erleichtern. Da die Anzahl der Bewerber*innen das Maß der zur Verfügung stehenden Bauplätze deutlich übersteigt, wurde entschieden, bereits vorhandenes Wohneigentum punktereduzierend zu berücksichtigen. Besitzen Bewerber*innen bereits Wohneigentum oder ein bebaubares Grundstück ist es aus Sicht der Verwaltung zumutbar, dass diese bei einer Bauplatzvergabe durch die Vergabe von Negativpunkten zurückgestellt werden. Ein Ausgleich dieser Negativpunkte ist möglich, wenn die Bewerber*innen das vorhandene Wohneigentum zur Finanzierung des Neubauvorhabens veräußert.

 

Die örtliche Gemeinschaft in der Stadt Bühl wird maßgeblich geprägt von Menschen, die sich in Vereinen und Organisationen aktiv betätigen. Das ehrenamtliche und gemeinnützige Engagement solcher Bewerber*innen wird mit der Vergabe von Punkten berücksichtigt. Die Wahrnehmung von aktiven, arbeitsintensiven oder vorstandsbezogenen Aufgaben in einem eingetragenen Verein, einer gemeinnützigen Organisation oder anerkannten Religionsgemeinschaft innerhalb und außerhalb von Bühl wird deshalb ebenso wertend berücksichtigt, wie das ehrenamtliche Verdient-Machen für die Stadt Bühl, innerhalb der Feuerwehr oder einer gemeinnützigen Organisation im Blaulichtbereich der Stadt Bühl. Die Verwaltung ist der Ansicht, dass aufgrund der Bedeutung dieser Tätigkeiten für das Gemeinwesen dieses Engagement etwas stärker wie bisher anerkannt werden sollte und schlägt daher die aufgeführten Änderungen beim Ehrenamt I und II vor.

 

Den aus der Mitte des Gemeinderates vorgetragenen Wunsch nach Berücksichtigung des Einkommens hat die Verwaltung neu überprüft und schlägt nun die im Bewerberfragebogen beschriebene Regelung vor. Es bietet sich an, die vom Gesetzgeber festgelegten Grenzen (Stand 2021) für die Gewährung der Wohnungsbauprämie von 35.000 € bei 1 Person bzw. 70.000 € bei 2 Personen (zur Nivellierung Durchschnitt der letzten 3 Jahre des zu versteuernden Einkommens) zu verwenden.

 

Neu vorgeschlagen wird die Abgabe einer „Selbsterklärung“ mit dem in § 9 beschriebenen Inhalt. Weitere Änderungen oder Ergänzungen können dem Richtlinientext entnommen werden.

 

Die vorgeschlagenen evaluierten Bauplatzvergabe-Richtlinien mit ihren Kriterien und Punktewertungen sind nach Auffassung der Verwaltung transparent, nachvollziehbar, rechtskonform, stadtspezifisch, objektiv und nicht diskriminierend. Die Richtlinien sind umfassend im Voraus eines Vergabeprozesses normiert, werden dem Anspruch der Bewerber*innen auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gerecht, erzeugen aber auch, wie bisher, eine Selbstbindung der Verwaltung und des Gemeinderates.

 

 


II. Klimatische Auswirkungen:

 

keine

 

III. Finanzielle Auswirkungen:

 

keine