Betreff
Konzessionsvergabeverfahren Strom und Gas
Vorlage
VO/304/2016
Art
Vorlage

II. Beschlussvorschlag:

 

1.            Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen zum Konzessionsvergabeverfahren Strom und Gas zur Kenntnis und stimmt der Eröffnung des Verfahrens zu.

 

2.            Das Rechtsanwaltsbüro Gersemann & Kollegen aus Freiburg wird mit der Funktion als verfahrensleitende Stelle beauftragt.

 

3.            Zur Verfahrenseröffnung ist zeitnah eine Bekanntmachung des Vertragsendes des laufenden Konzessionsvertrages im Bundesanzeiger zu veranlassen.

 

 


I. Sachverhalt:

 

Der bestehende Konzessionsvertrag für Strom, Erdgas und Wasser zwischen der Stadt Bühl und der Stadtwerke Bühl GmbH (nachfolgend „Stadtwerke“ genannt) läuft zum 31.12.2019 aus.

 

Nach Ausscheiden des Mitgesellschafters Süwag bei den Stadtwerken ist die strategische Neuausrichtung der Stadtwerke für die Zukunft zu konzipieren. In diesem Zusammenhang ist das Bestehen längerfristiger Konzessionsverträge von großer Bedeutung. Um diesbezüglich Planungssicherheit zu haben, sollte die Stadt baldmöglichst die Konzessionsverträge für Strom und Gas entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung ausschreiben.

 

Die Konzessionsverträge Strom und Gas sind aufgrund des kartellrechtlichen Kopplungsverbotes getrennt auszuschreiben und abzuschließen. Nachfolgend wird zur Vereinfachung aufgrund des identischen Rechtsrahmens einheitlich von „Konzessionsverträgen“ gesprochen.

 

Bei Konzessionsverträgen handelt es sich um Wegenutzungsverträge zur Verlegung und zum Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören. Lieferverpflichtungen sind im Gegensatz zu früheren Zeiten nicht mehr Bestandteil dieser Verträge und Aspekte der Strom- oder Gaslieferung dürfen keine Rolle spielen.

 

Bezüglich der Vergabe und dem Abschluss von Konzessionsverträgen ist vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung ein umfangreicher Regelungsrahmen vorgegeben. § 46 EnWG enthält rudimentäre Regelungen zur Vergabe der Konzessionen, welche durch die Rechtsprechung und Behördenpraxis unter Rückgriff auf Kartellrecht und das europäische Primärrecht erweitert wurden. Wesentliche Eckpunkte sind:

 

-              Das formelle Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB findet keine Anwendung, jedoch ist das Konzessionsvergabeverfahren mehr und mehr einem Vergabeverfahren angenähert.

-              Das Auslaufen des Konzessionsvertrages muss im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden, um einen Wettbewerb zu eröffnen.

-              Der Stadt müssen durch die Stadtwerke die relevanten Netzdaten zur Verfügung gestellt werden.

-              Den Interessenten müssen durch die Stadt die für eine Bewerbung relevanten Daten zum örtlichen Energieversorgungsnetz zugänglich gemacht werden.

-              Die Konzessionsvergabe muss in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren erfolgen.

-              Jegliche Vorfestlegung auf einen bestimmten Bewerber ist unzulässig und führt zur Nichtigkeit eines mit diesem Bewerber abgeschlossenen Konzessionsvertrags.

-              Die Auswahlkriterien müssen vorrangig die Ziele des § 1 EnWG, d.h. eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht, betreffen.

-              Fiskalische Interessen der Stadt dürfen nur im Rahmen des konzessionsabgabenrechtlich Zulässigen verfolgt werden.

-              Es dürfen nur Aspekte des Netzbetriebs und des Wegenutzungsrechts berücksichtigt werden; andere Aspekte wie beispielsweise Energievertrieb (Tarife, Stromherkunft) oder Erzeugung (Erneuerbare-Energie-Anlagen, konventionelle Erzeugungsanlagen) sind unzulässig und müssen unberücksichtigt bleiben.

-              Der Stadt kommt bei der weiteren Ausformulierung der Kriterien und der Gewichtung derselben ein Entscheidungsspielraum zu.

-              Die Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern muss auf der Grundlage von zuvor festgelegten, gewichteten und den Bewerbern vor Angebotsabgabe bekannt gegebenen Auswahlkriterien erfolgen.

 

Zu Einzelheiten und weiteren Nachweisen wird an die  Ausführungen in der Klausurtagung des Gemeinderates vom 9. Mai 2015 durch die Rechtsanwälte Gersemann & Kollegen erinnert. Ergänzend wird zur weiteren Vertiefung auf den gemeinsamen Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom 21.05.2015 verwiesen, der bei Interesse von der Verwaltung bereitgestellt werden kann.

 

Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine komplexe Angelegenheit, da eine Ausschreibung zwingend erforderlich ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind durch den Gesetzgeber und insbesondere die Rechtsprechung sehr ausdifferenziert und stellen an die Stadt hohe Anforderungen. Um diesen rechtlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden, möchte die Verwaltung das Rechtsanwaltsbüro Gersemann & Kollegen einschalten und mit der Verfahrensdurchführung einschließlich der Übernahme der Funktion als verfahrensleitende Stelle beauftragen.

 

Die Übernahme der Funktion der verfahrensleitenden Stelle durch die Rechtsanwälte Gersemann & Kollegen dient auch dazu, ein diskriminierungsfreies Verfahren sicherzustellen. Es soll insbesondere der Eindruck vermieden werden, es könnte eine Vorfestlegung der Stadt auf einen bestimmten Bewerber vorliegen.

 

Die Kosten sind derzeit nicht absehbar. Sie hängen entscheidend vom Ablauf des weiteren Verfahrens ab. Sobald absehbar ist, dass die Kosten voraussichtlich die Beschlusszuständigkeit des Gemeinderates erreichen werden, wird die weitere Beauftragung dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt.

 

Der bestehende Konzessionsvertrag läuft am 31.12.2019 aus. Der neue Konzessionsvertrag soll zum 01.01.2020 abgeschlossen werden. Die Verfahrenseröffnung erfolgt durch eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger und wäre erst zwei Jahre vorher zwingend vorgeschrieben, soll aber zeitnah erfolgen. Die Verwaltung erachtet diesen frühen Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung für sinnvoll, da im Zuge der strategischen Planung der Stadtwerke nach dem Ausscheiden der Süwag von Bedeutung ist, ob die Stadtwerke auch künftig den Strom- und Gasnetzbetrieb als Konzessionär in der Stadt durchführen werden.

 


 

Beratungsergebnis Abstimmung/Wahl

 

laut Beschluss-

vorschlag

Abweichender

Beschluss

Ja

Nein

Enthalten

 

 

 

 

 

 


Anlagenverzeichnis: