II.
Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat stimmt der Beibehaltung der Delegationsvereinbarung mit
dem Landkreis Rastatt über das Einsammeln und Befördern von Abfällen zu und
beauftragt die Verwaltung, dies dem Landkreis Rastatt mitzuteilen.
I.
Sachverhalt:
Einführung Delegation
Die Abfallentsorgung ist gemäß § 6 Landesabfallgesetz (LAbfG) eine
Aufgabe der Stadt- und Landkreise. Sie können den Gemeinden auf deren Antrag
Aufgaben übertragen. Die Stadt Bühl betreibt die Abfallentsorgung gemäß
Delegationsvereinbarung seit 1976. Diese Vereinbarungen über das Einsammeln und
Befördern von Abfällen wurden immer wieder angepasst, verlängert bzw. neu
abgeschlossen.
Der Arbeitskreis Haushalt hat im Frühjahr der Verwaltung den Auftrag
gegeben, auch den Bereich Abfallwirtschaft
auf mögliche Kosteneinsparungen zu prüfen, mit der Prämisse, dass dem
Bühler Bürger keine Mehrbelastungen durch höhere Abfallgebühren entstehen
dürfen.
Als 1990 der Landkreis die Entsorgung für alle Kommunen vorbereiten
wollte, startete die Stadt Bühl mit einem Pilotprojekt zur Abfallvermeidung mit
einem mengenabhängigen Gebührensystem (1. April 1990 Wertmarken; später
Chipsystem). Der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises Rastatt hat in
der Folgezeit aus den Erkenntnissen der Stadt Bühl Nutzen gezogen und ein
eigenes System aufgebaut.
Die Stadt Bühl hat 1992 das Einsammeln und Befördern von Abfällen
behalten, da sie „seinerzeit schon ein fortschrittliches Gebührensystem hatte,
bei der die Höhe der Gebühren nach der Anzahl der in Anspruch genommenen
Leerungen bemessen worden ist“.
Laut Vereinbarung vom 28. Januar/2. Februar 2011 ist die Vereinbarung
zur Delegation der Abfallentsorgung zunächst befristet bis zum 31. Dezember
2017. Im Falle einer Verlängerung des vom Landkreis für sein Abfuhrgebiet
abzuschließenden Dienstleistungsvertrages über das Einsammeln und Befördern von
Haus- und Sperrmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen und Bioabfällen über den
31. Dezember 2017 hinaus, verlängert sich die Delegationsvereinbarung
entsprechend, sofern sie von der Stadt Bühl nicht bis spätestens 31. Dezember
2016 bzw. 31. Dezember 2018 zum jeweiligen Vereinbarungsende gekündigt wird.
Der Landkreis hat einen Entsorgungsvertrag mit Verlängerungsoption bis
2019 bzw. bis 2021 abgeschlossen. Daher hält es der AWB für wünschenswert, dass
die Stadt Bühl nicht vor dem 31. Dezember 2021 die Abfallentsorgung an den
Landkreis zurückgibt.
Die Bühler Abfallwirtschaft ist eine kostenrechnende Einrichtung, deren
internen Kosten (wie Personalaufwand (2014: 1,21 VK Personalstellen; ab 2015:
1,63), interne Leistungsverrechnung sowie die Umlage Kommunale Steuerung) rund
218.000 €, über die Gebühren gedeckt sind (siehe Abbildung 1, S. 8, bis Abbildung 8, S. 10).
Bezüglich einer möglichen Rückgabe der Delegation fanden vorab Gespräche
der Leitung der Stadtverwaltung mit dem Landkreis statt. Der AWB hat hierzu der
Stadt eine Stellungnahme mit Datum vom 26. Oktober 2015 übersandt (siehe Abbildung 9, S. 11 ff).
Unterschiede
Es gibt wesentliche Unterschiede beim Einsammlungs- und Gebührensystem.
Dies verhindert einen direkten Vergleich. Unterschiede gibt es u.a. bei den
Behältergrößen, im Gebührensystem und den Tarifen sowie den
Gebührenpflichtigen.
Dies würde einen großen zeitlichen und logistischen Aufwand bedeuten,
weshalb auch der Landkreis von einer Übergangszeit von etwa zwei Jahren
rechnet, da dieser diese Behältergrößen nicht abrechnen kann.
Behältergröße
Auf den folgenden
Übersichten sind die unterschiedlichen Behältergrößen und die Verteilung in
Bühl zu sehen. Die Bühler haben ihre Behältergrößen nach dem Bühler
Gebührensystem ausgerichtet.
In Bühl machen die 35 l Rest- und Bioabfallbehälter mit 4.118 (42 %
Behälteranteil) bzw. 3.521 (64 %) den Hauptanteil der Behälter aus (siehe Abbildung 10, S. 14). Beim AWB gibt
es diese Behälter und auch die 80 l Bioabfalltonne nicht, diese müssten alle
getauscht werden (siehe Abbildung 11, S. 14).
Im Gegensatz zum AWB gibt es in Bühl jedoch keinen 700-l-Container. Als
Alternative hierzu wären jedoch 3 x 240-l-Behälter möglich, wobei man bei der
Bereitstellung zur Leerung variabler wäre.
Vergleich der Systeme (Gebühren, Leerungen)
Der AWB fordert beim Restabfall neben der Grundgebühr zusätzlich „nur“ sechs Mindestleerungen. Beim
Bioabfall erhebt der AWB eine Grundgebühr unabhängig von der Anzahl der
Leerungen.
Beim Bühler System wird für die Restabfalltonne eine Mindestgebühr
erhoben, in der 16 (bis 2011 18) Leerungen enthalten sind. Bei der Biotonne
wird jede Leerung gezählt und nachträglich berechnet, wobei nicht genutzte
Leerungswerte der Restabfalltonne mit der Biotonne verrechnet werden.
|
Stadt
Bühl |
Landkreis
Rastatt |
Restabfall |
Mindestgebühr; darin sind 16 Leerungen
enthalten |
Grundgebühr zzgl. 6 Mindestleerungen |
Größe 35
l 60
l 80
l 120
l 240
l 770
l 1.100
l |
41,60 € 71,20 € 94,40 € 142,40 € 284,80 € --- 1.305,60 € |
--- 43,20 € + 14,70
€ = 57,90 € 54,20 € + 19,80
€ = 74,00 € 79,20 € + 29,40
€ = 108,60 € 148,80 € + 58,80
€ = 207,60 € 463,20 € + 189,00
€ = 652,20 € 655,20 € + 270,00
€ = 925,20 € |
Größe 35
l 60
l 80
l 120
l 240
l 770
l 1.100
l |
jede weitere Leerung 2,60 € 4,45 € 5,90 € 8,90 € 17,80 € --- 81,60 € |
jede weitere Leerung --- 2,45 € 3,30 € 4,90 € 9,80 € 31,50 € 45,00 € |
Bioabfall Größe 35
l 60
l 80
l 120
l 240
l |
Gebühr je Leerung (= Restabfall) 2,60 € 4,45 € 5,90 € 8,90 € 17,80 € |
Grundgebühr, unabhängig von der Zahl der
Leerungen (34 Leerungen möglich) --- 38,40 € --- 76,80 € 153,60 € |
Kombi Rest-/Bioabfall Größe 35
l 60
l 80
l 120
l 240
l |
Mindestgebühr (incl. 16 Leerungen) 41,60 € 71,20 € 94,40 € 142,40 € 284,80 € |
Grundgebühr
Restabfall mit 6 Mindestleerungen + Grundgebühr Biotonne --- 57,90 € + 38,40
€ = 96,30 € 74,00 € +
andere Größe 108,60 € + 76,80
€ = 185,40 € 207,60 € + 153,60
€ 361,20 € |
Verrechnung |
Leerungsgebühren werden mit der
Mindestgebühr verrechnet, bis diese verbraucht ist. |
nicht möglich |
Die Mindestanzahl an Leerungen soll
verhindern, dass Abfall anderweitig entsorgt wird. Diese liegt wie oben erwähnt
beim AWB bei sechs und bei der Stadt Bühl bei 16 Leerungen. Die Gefahr besteht,
dass bei nur sechs Mindestleerungen, um Gebühren zu sparen, der Abfall
anderweitig entsorgt wird (Biotonne, Fremdbehälter, öffentliche Abfallbehälter
und Plätze ...). Des Weiteren kann Abfall (Restabfall, wie Damenbinden,
Kleintierstreu, Lebensmittelverpackungen mit Essensresten ... insbesondere auch
Bioabfall), wenn er zu lange steht, auch unangenehm riechen, was zu
Belästigungen und Ärger mit Anwohnern führt.
In Bühl sind die Gebührenwerte für jede Leerung
bei gleicher Behältergröße gleich. Damit wird verhindert, dass aus
Kostengründen Abfall in der falschen Tonne entsorgt wird. So sind dies z.B. bei
einem 35-l-Behälter 2,60 €. Ein Kunde kann, z.B. für die Mindestgebühr von
41,60 €, zehn Mal den Restabfall- und sechs Mal den Bioabfallbehälter zur
Leerung rausstellen ohne nachzahlen zu müssen.
Lt. AWB macht im Landkreis die 60-l-Tonne
ca. die Hälfte der Restabfallbehälter aus und wird durchschnittlich elf Mal
geleert (Grundgebühr Restabfall 43,20 € zzgl. 11 Leerungen á 2,45 €
(=26,95 €) sowie Gebühr Biotonne 38,40 € = Gesamtgebühr 108,55 €).
Rund 6.400 Bühler Kunden zahlten jeweils
2014 und 2015 nicht mehr als 108,55 €.
Wie in Abbildung 12, S. 14, zu sehen ist,
zahlen jeweils 44 bis 45 % „nur“ die Mindestgebühr, davon rd. 52 % die
Mindestgebühr für 35-l-Behälter. Für diese Kunden würde dies eine
Preissteigerung zum kleinsten Behältergebinde des AWB von 43,2 % bedeuten.
Kunden, die nur die Mindestgebühr bezahlen
müssen hatten keine zusätzlichen Leerungen, Sperrmüll, Behältertausch oder sind
unter dem Jahr zu- oder weggezogen.
Selbst bei vorübergehendem größerem
Behälterbedarf, z.B. wegen Windeln, kann später wieder auf ein kleineres Gefäß
mit günstigeren Gebühren gewechselt werden. Beim AWB bleibt die Mindestgröße
bei bis zu sechs Personen bei 60 Litern.
Bei elf zusätzlichen Leerungen der
35-l-Rest- und Bioabfallbehältern käme man auf 70,20 € (Abbildung 13, S. 15).
Die Entwicklung der Mindestgebühr ist unter Abbildung 14, S. 15, zu sehen.
Im Jahre 2014 und 2015 wurden in Bühl
jeweils über 9.800 Restabfallbehälter über 130.000 mal geleert. Im Schnitt sind
dies über 13 Leerungen/Behälter. Beim Bioabfall wurden rund 5.400 Behälter
insgesamt rund 70.000 mal geleert, was im Schnitt rund 13 Leerungen/Behälter
bedeutet, siehe Abbildung 15, S. 16.
Des Weiteren sind Kombinationen
unterschiedlicher Behältergrößen möglich. Beispiel: 10 x 60-l-Restabfall und 10
x 35-l-Bioabfall = Leerungsgebühr 70,50 € (Mindestgebühr für 60-l-Restabfall
71,20 €).
Eine Verringerung der Mindestleerungen
bedeutet im Umkehrschluss nicht zwingend eine Reduzierung der Mindestgebühr, da
die Fixkosten lediglich über einen anderen Verteilerschlüssel umgelegt werden
müssen.
Biotonne
Bei Einführung der Biotonne wurde auch die Kompostierung mit Zuschüssen
für die Anschaffung von Kompostern unterstützt. So haben immer noch viele
Haushalte Komposter. Des Weiteren ist auch die Kompostanlage Vogel in Vimbuch,
bei der Grüngut, Rasenschnitt usw. abgegeben werden kann.
Der AWB geht bei einer Rückdelegation von einer deutlichen Erhöhung der
Bioabfallmenge in Bühl aus (siehe Stellungnahme).
Würden auf einem Grundstück zwei Parteien
mit bisher je 35-Liter-Behältern (Mindestgebühr 41,60 € x 2 = 83,20 €) beim AWB
eine Abfallgemeinschaft mit 60-l-Rest- und Bioabfallbehälter eingehen, müssten
bei sechs Mindestleerungen 96,30 € bezahlt werden und bei durchschnittlich
elf Restabfall-Leerungen sogar 108,55 €.
Informationen zum Abfallaufkommen siehe Abbildung 16, S. 16; Abbildung 17, S. 17; Abbildung 18, S. 17; Abbildung 19, S. 18).
Bisher werden die Weihnachtsbäume Mitte Januar eingesammelt. In den
Stadtteilen (außer in Vimbuch wegen der Nähe zum Kompost Vogel) werden die
Bäume von zentralen Sammelplätzen und in Bühl (mit Kappelwindeck und
Rittersbach) per Straßensammlung abgeholt. Die Kosten (MERB und Kompost Vogel)
waren in der Abfallgebühr enthalten. Bei einer Aufgabe der Abfallentsorgung
müsste dieser Service komplett aufgegeben oder über den städtischen Haushalt
finanziert werden (2016 = 2.402,15 €; 2015 = 2.162,77 €, 2014 = 2.461,55 €).
Sperrmüll
Beim Sperrmüll gibt es bei beiden
nutzungsabhängige Gebühren, die jedoch auch bei beiden Systemen unterschiedlich
sind.
Sperrmüll auf Abruf |
Stadt Bühl |
Landkreis Rastatt |
a) Sperrmüll
einschließlich haushaltsüblichem Schrott und Elektronikgeräteschrott bis max.
2 cbm |
15,00 € |
35,00 € |
jeder weitere cbm |
7,50 € |
15,00 € |
b) ein
Haushaltskühlgerät |
11,50 € |
23,00 € |
c) ein
Bildschirmgerät |
11,50 € |
|
Abholung eines einzelnen Elektro- und Elektronik-Altgerätes |
in m³ von a enthalten; außer Haushaltskühl-/ Bildschirmgerät |
|
Anfahrtspauschale bei nicht zur Abholung bereitgestelltem Sperrmüll |
15,00 € |
20,00 € |
Die Anträge bei Sperrmüll auf Abruf lagen bis 2006 bei
durchschnittlich 70 Stück pro Jahr. 2015 waren es sogar 542 Anträge, siehe Abbildung 20, S. 18.
Anschluss- und Benutzungszwang,
Gebührenschuldner
Der AWB verpflichtet grundsätzlich Grundstücks- und Wohnungseigentümer,
ihre Grundstücke an die öffentliche Einrichtung Abfallentsorgung anzuschließen.
In Bühl werden auch sonst zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten (z.B.
Mieter, Pächter) oder die das Grundstück tatsächlich nutzenden Personen
herangezogen.
Ausblick i.V.m.
Umladestation/Wertstoffhof
Die Schließung der
Umladestation, Dieselstraße 10, wird zur Folge haben, dass die
Abfallsammelfahrzeuge der Fa. MERB zum Entladen nach Gaggenau-Oberweier fahren
müssen. Die Fa. MERB rechnet mit einer Umstellung in ca. 1,5 Jahren und ist zur
Zeit bei der Ermittlung der Kosten.
Sollte die Rückdelegation nicht realisiert
werden, muss die Stadt eine europaweite Ausschreibung für das Einsammeln und
Befördern von Abfällen durchführen.
Zusammenfassung
Würde die Delegation gekündigt oder nicht verlängert werden, müssten
Bühler Bürger:
-
größtenteils
auf größere Tonnenvolumen umstellen, da es keine 35-l-Behälter gibt,
-
mit
teils deutlich höheren Gebühren beim Landkreis rechnen,
-
gäbe es
nur sechs statt 16 Mindestleerungen der Restabfalltonne,
-
ca. das
Doppelte für die Abfuhr von Sperrmüll bezahlen,
-
selbst
den Weihnachtsbaum entsorgen, sofern die Stadt Bühl dies nicht selbst
übernimmt.
Eine Abfall-Gebührensteigerung ist in Bühl
durch eine Kostensteigerung durch eine
europaweite Ausschreibung, höheren internen Verrechnungen und höheren Kosten
der Firma MERB nicht auszuschließen
Wie in den anderen Landkreisgemeinden auch,
fallen weiterhin Fragen zur Abfallentsorgung an. Die hierfür anfallenden
Personalkosten wären dann nicht mehr gebührenfinanziert.
Der Landkreis rechnet selbst mit höheren
Personal- und Deponiekosten.
Sollte eine Aufgabenrückübertragung für das Einsammeln und Befördern von
Abfällen an den Landkreis eine höhere Gebührenbelastung für die Bühler Bürgerinnen und
Bürger bedeuten, hätten diese sicherlich kein Verständnis dafür. Ebenso der
restliche Landkreis, der ebenso steigende Gebühren zu erwarten hätte.
Die Arbeitsgruppe Abfall hat sich am 20.
Juni 2016 für die Weiterführung der Delegationsvereinbarung mit dem Landkreis
Rastatt über das Einsammeln und Befördern von Abfällen ausgesprochen. Sie
empfiehlt dem Gemeinderat, die Verwaltung mit der Prüfung zu beauftragen, ob es
möglich ist, die Abfallgebühren unter ökologischen Gesichtspunkten durch die
Reduzierung der Mindestleerungen von derzeit 16 auf 12 neu zu regeln.
Beratungsergebnis Abstimmung/Wahl |
laut Beschluss- vorschlag |
Abweichender Beschluss |
||
Ja |
Nein |
Enthalten |
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Anlagenverzeichnis: