III. Beschlussvorschlag:

a)    Der Gemeinderat beschließt die Stellungnahmen der Verwaltung zu den vorgebrachten Stellungnahmen unter Abwägung öffentlicher und privater Belange.

 

b)    Der Gemeinderat billigt den geänderten Geltungsbereich und den Bebauungsplanentwurf mit textlichen Festsetzungen, Örtlichen Bauvorschriften und Begründung einschließlich Umweltbericht und Fachbeitrag Artenschutz vom 20. November 2019 und beauftragt die Verwaltung, die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB in Form einer Offenlage durchzuführen sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB zu hören.

 

 


I. Sachverhalt:

In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 21. März 2018 wurde der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Seniorenzentrum Neusatzeck“ in Bühl-Neusatz sowie der Beschluss zum Vorentwurf und zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gefasst. Da es sich beim vorliegenden Bebauungsplanverfahren um eine vorhabenspezifische Planung eines Investors handelt, wurde in der Sitzung darüber hinaus der Abschluss eines städtebaulichen Vor-Vertrags mit dem Investor zur Übernahme aller durch das Verfahren anfallenden Kosten und zur Durchführung eines auf das Projekt bezogenen Bebauungsplanverfahrens beschlossen.

 

Mit Schreiben vom 5. April 2018 wurden 21 Behörden und Träger öffentlicher Belange über die Ziele und Zwecke der Planung informiert. Davon gaben 16 Behörden und Träger öffentlicher Belange eine Rückmeldung, sechs ohne und zehn mit Anregungen. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte vom 9. April 2018 bis zum 11. Mai 2018. Während dieser Zeit wurde eine private Stellungnahme eingereicht. Alle mit Anregungen eingegangenen Stellungnahmen sind mit einer Stellungnahme der Verwaltung versehen und unter Anlage 1 dieser Vorlage beigefügt.

 

In der damaligen Planung zum Bebauungsplanvorentwurf mit Stand vom 12. März 2018 waren der Erhalt des Ökonomiegebäudes und der Abriss des Mutterhauses mit dem Neubau von drei Gebäudeteilen auf der südlichen Teilfläche vorgesehen. Im Verlauf des weiteren Verfahrens musste das Bauvorhaben nach Vorlage der Ergebnisse aus der Artenschutzuntersuchung und aus der statischen Überprüfung des Ökonomiegebäudes jedoch komplett umgeplant werden. Anstelle des Ökonomiegebäudes wurde nun ein Z-förmiger Neubau für das Pflegeheim geplant. Das Mutterhaus sollte insgesamt erhalten bleiben. Südlich hiervon war eine ins Erdreich hineinragende Parkgarage vorgesehen. Nach Ausarbeitung der neuen Planung auf dieser Grundlage wurde dem Ortschaftsrat Neusatz in seiner Sitzung am 20. November 2018 der (erste) Bebauungsplanentwurf unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Artenschutzuntersuchung zur Vorberatung vorgelegt.

 

Die Beratung im Ortschaftsrat diesbezüglich verlief sehr kritisch gerade im Hinblick auf die Lage, Größe und Gestaltung der Baukörper sowie zum Erhalt des Mutterhauses. Positiver gegenübergestellt war der Ortschaftsrat der Vorent-
wurfsplanung, weil in dieser Planung der Komplettabriss des Mutterhauses vorgesehen war. Aufgrund dieser Zielsetzung wurde die vorgelegte Planung mit dem Auftrag der erneuten Überarbeitung des Bebauungsplanentwurfes abgelehnt.

 

Aufgrund der Tatsache, dass die Artenschutzproblematik, welche zum Erhalt des Mutterhauses führte, nicht abwägbar ist, wurde in vielen Gesprächen mit dem Ortschaftsrat, der Verwaltung und dem Investor versucht, eine Lösung zu erzielen. Der Investor hat dabei versucht im Wesentlichen die Wünsche des Ortschaftsrates (Verschiebung des neuen Pflegeheims, Teilabriss des Mutterhauses und Dachform des Neubaus) aufzunehmen. Dabei wurde immer wieder klargestellt, dass die Pflicht zum Erhalt des Mutterhauses nicht in Frage gestellt werden kann.

 

Die auf Wunsch des Ortschaftsrates erfolgte Bürgerinformationsveranstaltung am 24. Januar 2019 in der Schlossberghalle in Neusatz ergab auch keine Aussicht auf Konsens.

 

Um Klarheit in der Diskussion zum Erhalt des Mutterhauses zu bringen, fand am 8. August 2019 ein behördenübergreifender Termin mit der Oberen Naturschutzbehörde (Regierungspräsidium Karlsruhe) und der Unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt Rastatt), dem Investor und der Stadt Bühl statt. In der Besprechung sollte geklärt werden, inwiefern das Mutterhaus aus artenschutzrechtlichen Gründen doch abgerissen werden könnte, um der dem Bebauungsplanvorentwurf zugrundeliegenden Konzeption nahe zu kommen. Ergebnis dieses Gesprächs ist nun, dass nach Vorlage weiterer Artenschutzgutachten das Mittelteil des Gebäudes, in dem das Graue Langohr seine Wochenstube hat, erhalten bleiben muss, während die Seitenflügel (teilweise) mit entsprechenden Auflagen und Ausgleichsmaßnahmen abgerissen werden können.

 

Auf der Grundlage dieses Ergebnisses hat der Investor die Planung erneut geändert und versucht, einen Konsens zwischen den im Vorfeld vorgebrachten Wünschen des Ortschaftsrates und den nicht veränderbaren artenschutzrechtlichen Vorgaben herbeizuführen.

 

Die nun vorliegende Konzeption

Im Bereich des ehemaligen Ökonomiegebäudes ist weiterhin ein Z-förmiger Neubau für das Pflegeheim vorgesehen. Der Investor hat den Wunsch des Ortschaftsrates zum ersten Planentwurfes vom November 2018 aufgegriffen, den Baukörper so weit wie möglich von der Schwarzwaldstraße zurückzunehmen. Der Baukörper wurde demnach ca. 12,00 m nach Süden verschoben. Dies wird möglich, weil das Pfortengebäude zum großen Teil abgerissen werden kann.

 

Der Neubau soll zur westlichen Seite viergeschossig mit einem weiteren Untergeschoss ausgebaut werden. Topografiebedingt erscheint das Gebäude nach Osten hin jedoch zwei- bis dreigeschossig. Die Gesamthöhe des Neubaus ist ca. 0,50 m höher als die Traufhöhe des Mutterhauses, liegt aber mit ca. 6,50 m unterhalb des Firstes des Mutterhauses.

 

Das Mutterhaus muss aus artenschutzrechtlichen Gründen bestehen bleiben. Gemäß den Gutachten können das Pfortengebäude teilabgebrochen und der südliche Seitenflügle komplett abgerissen werden, wovon der Investor in der nun vorliegenden Planung Gebrauch machen will.

 

Mit dem Rückbau des südlichen Gebäudeteils entsteht mehr Gestaltungsspielraum für den südlichen Bereich. In Anlehnung an die Vorentwurfsplanung soll hier nun ein Gebäudekomplex mit drei Gebäudeeinheiten errichtet werden. Im Untergeschoss ist eine Tief- und eine Doppelparkgarage geplant, auf der sich die drei Gebäudeteile als vier- bzw. fünfgeschossige Bauten inklusive Penthäuser einreihen.

 

Die maximale Wandhöhe beträgt beim viergeschossigen Gebäudeteil ca. 14,00 m bzw. ca. 17,00 m (inklusive Penthaus) gegenüber dem Straßenniveau. Die absolute Höhe liegt bei der neuen Planung demnach ca. 4,00 - 5,00 m niedriger als zum Bebauungsplanvorentwurf. Der fünfgeschossige Bau hat eine Wandhöhe von ca. 18,00 m bzw. 20,80 m (inklusive Penthaus), was ungefähr der Höhe vom Bebauungsplanvorentwurf entspricht. Zum Vergleich hat das Mittelteil des bestehenden Mutterhauses eine Traufhöhe von ca. 15,50 m und einer Firsthöhe von ca. 25,50 m gegenüber dem Straßenniveau.

 

Ausarbeitung des neuen Bebauungsplanentwurfes

Die Baufenster orientieren sich an der Bestandsbebauung bzw. an den Neubauten. Für die für das Vorhaben erforderlichen Stellplätze sind auf dem Gelände entsprechende Flächen vorgesehen. Im südlichen Bereich des Plangebietes ist darüber hinaus eine Doppelpark- und eine ins Erdreich hineinragende Parkgarage vorgesehen.

 

Aufgrund der besonderen Lage und der räumlichen Nähe zum Landschaftsschutzgebiet werden besondere Anforderungen an die grünordnerische Konzeption des Bauvorhabens gestellt. So wird beispielsweise eine Durchgrünung des Plangebietes über Baumpflanzungen erzielt, die geplante Parkanlage ist naturnah herzustellen und entlang der östlichen Geltungsbereichsgrenze ist eine Eingrünung des Plangebietes über Obstbaumpflanzungen vorzunehmen (siehe auch Ausgleich). Zudem sind die Flachdächer zu begrünen.

 

Darüber hinaus werden durch das Vorhaben artenschutzrechtliche Maßnahmen erforderlich. Dies gilt auch für den Abbruch der Gebäudeteile im Plangebiet. Unter anderem sind die Rodungszeiten einzuhalten, Nistkästen für Vögel aufzuhängen oder spezielle Anforderungen an die Fledermäuse im Rahmen der Bauzeit und der künftigen Nutzung des Areals als Seniorenzentrum zu erfüllen.

 

Um Vogelkollisionen an Fensterglasflächen zu vermeiden, sind entsprechende Vorkehrungen vorzunehmen. Zudem sind insektenfreundliche Beleuchtungen zu verwenden. Für die nach dem Bebauungsplan vorgeschriebene Bepflanzung sind nur Gehölze und Bäume gemäß der Pflanzliste zulässig.

 

Planinterner und -externer Ausgleich

Mit dem Bebauungsplan und dem damit verbundenen Bauvorhaben wird ein naturschutzrechtlicher Ausgleich erforderlich.

 

Der Ausgleich wird teilweise im Plangebiet über die Eingrünung entlang der östlichen Geltungsbereichsgrenze oder der Durchgrünung auf dem Baugrundstück sichergestellt. Das übrige Defizit muss jedoch über eine Ökokonto-Maßnahme auf einer externen Fläche im Waldhägenich kompensiert werden (Umwandlung einer Ackerfläche in eine Magerwiese).

 

Geänderter Geltungsbereich

Bisher war im Plangebiet das Sondergebiet Seniorenheim mit der Fortführung einer Bebauung über ein Mischgebiet bis zum Ortsteil Fischerhöfe im Südwesten vorgesehen. Das bisher geplante Mischgebiet liegt mit der überbaubaren Grundstücksfläche (Baufenster) und somit mit der für Hochbauten vorgesehene Fläche größtenteils im Landschaftsschutzgebiet.

 

Die für das Seniorenzentrum erforderlichen Baufenster befinden sich in dem vorliegenden Bebauungsplanentwurf dagegen komplett außerhalb des Landschaftsschutzgebietes. Lediglich für einzelne Wege-/Hofflächen, für den Rettungsweg und den rückwärtigen Streifen der im Erdreich angelegten Tiefgarage müssen Flächen im Landschaftsschutzgebiet in Anspruch genommen werden.

 

Da mit dem Seniorenzentrum öffentliche Interessen von hoher sozialer Art verfolgt werden und keine hochbaulichen Anlagen in das Landschaftsschutzgebiet hineinragen, wird für dieses Projekt eine Befreiungsmöglichkeit von der Landschaftsschutzgebietsverordnung in Aussicht gestellt. Anders verhält es sich mit dem Mischgebiet im südwestlichen Bereich. Die Untere Naturschutzbehörde hat daher angeregt, das Verfahren beider Baugebietstypen voneinander getrennt fortzuführen (siehe Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde in Anlage 1).

 

Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Seniorenzentrum Neusatzeck“ reduziert sich dadurch um die bisher vorgesehene Mischgebietsfläche im Südwesten des Plangebietes. Als eigenständiges Projekt kann das Bebauungsplanverfahren mit der Mischgebietsfläche weiterbearbeitet werden. Für die Fortführung des Verfahrens sind vertiefende Abstimmungen mit den Behörden und Trägern öffentlicher Belange durchzuführen, was aufwändig und langwierig ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Privateigentümer Interesse an der weiteren Durchführung des Bebauungsplanverfahrens haben und sie den mit der Stadt Bühl bisher nur für den Vorentwurf abgeschlossenen städtebaulichen Vor-Vertrag für das weitere Verfahren verlängern.

 

Im östlichen Bereich wird der Geltungsbereich um den Rettungsweg und den Eingrünungsstreifen erweitert.

 

Der städtebauliche Vor-Vertrag wurde mit dem Investor bereits geschlossen. Nach Satzungsbeschluss wird der städtebauliche Vertrag abgeschlossen.

 

Der Ortschaftsrat Neusatz hat das Vorhaben in einer kurzfristig anberaumten Sitzung am 26. November 2019 ohne Beschluss nichtöffentlich vorbesprochen. Dabei wurde auch das Stimmungsbild zur geänderten Konzeption abgefragt. Der Ortschaftsrat hat sich mit großer Mehrheit dagegen ausgesprochen.

 

Am 5. Dezember 2019 hat für den Tagesordnungspunkt zum Bebauungsplanentwurf eine gemeinsame Sitzung mit dem Ortschaftsrat Neusatz und dem Technischen Ausschuss stattgefunden. Dabei wurde das Vorhaben vorbesprochen, ein Beschluss wurde nicht gefasst.

 

In der gemeinsamen Sitzung wurde angeregt, dass der südliche Baukörper für das betreute Wohnen um ein Geschoss zurückgenommen und weiter nach hinten verschoben wird. Die Verwaltung nimmt diesbezüglich Kontakt mit dem Investor auf. Zur Ortschaftsratssitzung am 17. Dezember 2019 und zur Gemeinderatssitzung am 18. Dezember 2019 wird das Ergebnis vorliegen, inwiefern auf die Änderungswünsche technisch und konzeptionell eingegangen werden kann. Am 17. Dezember 2019 werden der Ortschaftsrat und am 18. Dezember 2019 der Gemeinderat dann über diesen Tagesordnungspunkt beraten und beschließen. Das Ergebnis aus der Ortschaftsratssitzung wird dem Gemeinderat mündlich mitgeteilt.

 

Die Verwaltung empfiehlt dem Gemeinderat, die Stellungnahmen der Verwaltung zu den vorgebrachten Stellungnahmen unter Abwägung öffentlicher und privater Belange zu beschließen.

 

Ebenso empfiehlt die Verwaltung dem Gemeinderat, den geänderten Geltungsbereich und den Bebauungsplanentwurf mit textlichen Festsetzungen, Örtlichen Bauvorschriften und Begründung einschließlich Umweltbericht und Fachbeitrag Artenschutz vom 20. November 2019 zu billigen und die Verwaltung zu beauftragen, die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB in Form einer Offenlage durchzuführen sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB zu hören.

 

 


II. Finanzielle Auswirkungen:

 

Für das Bebauungsplanverfahren entstehen der Stadt Bühl keine Kosten, da die Kosten vom Vorhabenträger übernommen werden.

 

 


Anlagenverzeichnis: