Beschlussvorschlag

a)    Der Gemeinderat billigt die 3. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanvorentwurfes „Grautenbach-Riedbosch“ in Bühl-Altschweier mit textlichen Festsetzungen, Örtlichen Bauvorschriften und Begründung einschließlich Umweltbericht, Artenschutzrechtliche Vorprüfung, LSG-Befreiungsantrag und schalltechnische Untersuchung vom 19. April 2023.

 

b)    Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung mit der Durchführung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB.

 


Sachverhalt

In seiner Sitzung am 30. Juni 2021 hat der Gemeinderat der Stadt Bühl den Oberbürgermeister zur Unterzeichnung des städtebaulichen Vor-Vertrages mit dem Vorhabenträger zur Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens und zur Übernahme aller anfallenden Kosten durch den Vorhabenträger ermächtigt. Ebenfalls hat der Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss für die 3. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanes „Grautenbach-Riedbosch“ in Bühl-Altschweier gemäß dem Abgrenzungsplan vom 2. Juni 2021 gefasst und die Verwaltung mit der Ausarbeitung des Bebauungsplanvorentwurfes beauftragt.

 

Landschaftsschutzgebiet „Bühlertal“

Um den Bebauungsplanvorentwurf ausarbeiten zu können, wurde zunächst Kontakt mit dem Landratsamt Rastatt, Untere Naturschutzbehörde, aufgenommen, um abzustimmen, inwiefern ein Eingriff mit der Planung ins angrenzende Landschaftsschutzgebiet „Bühlertal“ möglich ist. Der erste Planentwurf des Vorhabenträgers sah einen Hallenanbau mit Hebeanlagen auf dem Grundstück Flst.Nr. 1468/3 innerhalb des Landschaftsschutzgebietes vor, rückwärts hiervon wurden die Container für Altreifen, Schrott etc. angeordnet, die über eine Umfahrung um die Halle angefahren werden konnten. Die weiteren für das Projekt erforderlichen Stellplätze sollten im nordöstlichen Plangebiet auf dem Grundstück Flst.Nr. 3699 untergebracht werden.

 

Mit der ersten Planidee konnte zunächst keine Zustimmung bei der Unteren Naturschutzbehörde erzielt werden. Seitens der Unteren Naturschutzbehörde wurde als Aufgabe mitgegeben, dass vier unterschiedliche Varianten überprüft werden sollen, die wie folgt aussahen:

 

1. Variante: Hallenanbau südlich des Bestandsgebäudes

Seitens der Unteren Naturschutzbehörde sollte geprüft werden, inwiefern der Hallenanbau im südlichen Bereich des Bestandsgebäudes (Flst.Nr. 1468/7) auf der vorhandenen versiegelten Fläche errichtet werden kann. Aufgrund des Grundstückszuschnittes und der Hallenform, die sich aus der Breite und Länge der Hebeanlagen ergibt, gibt der Bereich nicht genügend Fläche für die Errichtung der Halle her. Dafür müsste der angrenzende Schillenbühnweg und weitere Ackerflächen in Anspruch genommen werden. Diese Variante scheidet somit aus.

 

2. Variante: Hallenneubau auf dem Grundstück Flst.Nr. 3699

Mit der zweiten Variante sollte nachgegangen werden, inwiefern der Hallenneubau im nordöstlichen Plangebiet untergebracht werden kann. Die Stellplätze sollten dabei nach Süden auf das LSG-betroffene Grundstück Flst.Nr. 1468/3 verschoben werden, so dass das Landschaftsschutzgebiet von Hochbauten befreit sein kann. Diese Variante erweist sich aufgrund der schwierigen Arbeitsabläufe zwischen der bestehenden und der neuen Halle sowie der Fahrzeugbewegungen durch die dazwischenliegenden Parkplatzanlagen als schwierig, so dass diese Variante auch ausscheidet.

 

3. Variante: Favorisierte Variante

Die 3. Variante entspricht der oben genannten ersten Planidee: Hallenneubau auf dem Grundstück Flst.Nr.  1468/3, Container rückwärts des Hallenneubaus mit Umfahrung und die Stellplatzanlage im nördlichen Bereich des Plangebietes.

 

4. Variante

Bei der letzten Variante sollte der Vorhabenträger eine optimierte Variante entwickeln, in der der Eingriff ins Landschaftsschutzgebiet noch weiter reduziert werden sollte. Diese Variante basiert auf dem 3. Konzept. Dabei wurde eine Verschiebung der Container nordöstlich des Hallenanbaus vorgesehen, wodurch der Eingriff ins Landschaftsschutzgebiet durch den Wegfall der versiegelten Fläche für die Umfahrung und die Reifencontainer minimiert werden konnte.

 

In Verbindung mit den Kriterien wie atypischer/singulärer Einzelfall, geringer Umfang der Beeinträchtigung, Erhalt der Funktion des Schutzgebietes und Vorliegen von Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses konnte die Untere Naturschutzbehörde auf der Grundlage der 4. Planvariante eine objektive Befreiungslage von der Landschaftsschutzgebiets-Verordnung in Aussicht stellen.

 

Der Bebauungsplanvorentwurf wurde daraufhin auf der Grundlage der 4. Variante ausgearbeitet. Auf dieser Basis wurde auch der Befreiungsantrag von der Landschaftsschutzgebietsverordnung erstellt, welcher dem Bebauungsplanvorentwurf als Anlage beigelegt wurde (Anlage 9). Der Befreiungsantrag muss im Zuge des späteren Baugenehmigungsverfahren bei der Unteren Naturschutzbehörde eingereicht werden.

 

Städtebauliche Konzeption

Mit der Planüberarbeitung soll eine betriebliche Erweiterung für den Vorhabenträger eines Car Bosch Services ermöglicht werden. Vorgesehen ist ein Hallenanbau mit einer Wandhöhe von ca. 7,30 m auf dem Grundstück Flst.Nr. 1468/3 mit vorgelagerter Stellplatzanlage auf den Grundstücken Flst.Nrn. 1468/7 und 3699. Die bestehende Werkstatt mit Wohnnutzung soll dabei planungsrechtlich gesichert werden.

 

Die beiden Grundstücken Flst.Nrn. 1468/7 und 3699 im nördlichen bzw. nordwestlichen Bereich des Plangebietes waren bisher vom Bebauungsplan „Grautenbach-Riedbosch, inklusive 1. und 2. Änderung“ umfasst und als Allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Im rechtswirksamen Flächennutzungsplan ist das Wohn- und Werkstattgebäude bereits als gemischte Baufläche dargestellt. Diese Nutzung wird nun auf das gesamte und neue Werkstattareal übertragen und als Mischgebiet festgesetzt. Im Rahmen der Flächennutzungsplan-Fortschreibung wird diese Änderung in den neuen Flächennutzungsplan übernommen.

 

Die in der vorliegenden Planung festgelegte Grundflächenzahl für die Hauptnutzung entspricht der bisher für die Grundstücke festgesetzte GRZ von 0,35. Der bisher gültige Bebauungsplan gibt allerdings noch keine Bodenschutzklausel zur Reduzierung der überbauten Flächen mit Anlagen nach § 19 Abs. 4 BauNVO (Stellplätze, Garagen, Zufahrten etc.) her. Demnach wäre bisher eine Vollversiegelung mit solchen Anlagen auf bis zu 100% möglich gewesen. Der Bestand spiegelt den hohen Versiegelungsgrad auf dem Grundstück Flst.Nr. 1468/7 wieder. Der Vorhabenträger hat sich aber bereit erklärt, die südlich des Bestandsgebäudes befindlichen Garagen zurückzubauen und diesen Bereich als private Grünfläche mit Baumpflanzungen anzulegen. In Zuge der Planüberarbeitung wird die GRZ für Nutzungen nach § 19 Abs. 4 BauNVO auf bis zu 0,95 ermöglicht, in Verbindung mit den umliegenden Grünflächen relativiert sich der Versiegelungsgrades allerdings wieder auf ca. 75%.

 

Die unbebaute Fläche auf dem vom Landschaftsschutzgebiet betroffenen Grundstück Flst.Nr. 1468/3 wird zum Schutz und Erhalt des Landschaftsschutzgebietes als private Grünfläche (Herstellung einer Fettwiese) mit Baumpflanzungen festgesetzt. Zur angrenzenden Bebauung des Grundstückes Flst.Nr. 3700 und nach Süden zum Landschaftsschutzgebietes wird das Werkstattgelände mit Bäumen und privater Grünfläche eingegrünt.

 

Umweltbericht mit Eingriff-/Ausgleichsbilanzierung

Dem Bebauungsplanvorentwurf liegt ein Umweltbericht mit Eingriff-/Ausgleichsbilanzierung vor (siehe Anlage 7a-c). Demnach führt der neue Bebauungsplan trotz vorgesehener Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen im Plangebiet zu geringen nachteiligen Umweltauswirkungen auf die Belange von Natur und Landschaft, insbesondere auf das Schutzgut Tiere und Pflanzen aufgrund der Freiflächen- und Lebensraumverluste und das Schutzgut Boden aufgrund der Versiegelung und Flächenbefestigung.

 

Für den Eingriff werden planinterne Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen wie Dachbegrünung, Anlage von Wiesen und Baumpflanzungen. Der Ausgleich kann vollständig innerhalb des Plangebietes erbracht werden. Dabei entsteht ein Überschuss von über 8.700 Ökopunkten, welcher für den Eingriff ins Landschaftsschutzgebiet mit Auswirkung auf das Landschaftsbild verwendet wird.

 

Auswirkungen auf geschützte Biotope oder Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder europäischer Vogelschutzgebiete bestehen durch die Planung nicht.

 

Artenschutz

Das Plangebiet wurde auf seine artenschutzrechtlichen Belange hin untersucht. Durch den neuen Bebauungsplan sind keine besonderen artenschutzrechtlichen Konflikte zu erwarten. Weitere artenschutzrechtliche Untersuchungen sind demnach nicht erforderlich. Gemäß der Untersuchung werden weder bei streng geschützten Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie noch bei europäischen Vogelarten Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG berührt.

 

Im Artenschutzgutachten wird aber darauf hingewiesen, dass sich die Fläche zu einer Eidechsen-Habitatfläche möglicherweise entwickeln kann, sollte sie nicht zeitnah bebaut werden und länger brachliegen. Eine Zuwanderung der Eidechsen ist aus der südlich angrenzenden freien Landschaft möglich und kann bereits kurzfristig erfolgen, sobald ein Vegetationsaufwuchs einsetzt. Falls die Bebauung nicht zeitnah realisiert wird, ist das Grundstück Flst.Nr. 1468/3 zur Vermeidung einer Artenansiedlung bis zur Bebauung entweder weiterhin vegetationsarm zu halten oder es ist ein Schutzzaun (Reptiliensperrzaun) zu errichten, der verhindert, dass Tiere einwandern. Dieser Hinweis wurde in den Bebauungsplan aufgenommen. Die artenschutzrechtliche Voruntersuchung ist dem Bebauungsplanvorentwurf als Anlage 8 beigefügt.

 

Lärmschutz

Mit der Nutzung der Grundstücke auch als Werkstatt wurde die Lärmsituation bezüglich der Erweiterungsabsichten untersucht. Grundlage der Lärmuntersuchung ist die mit der Unteren Naturschutzbehörde entwickelte 4. Planvariante. Ohne Lärmschutzmaßnahmen an den Reifencontainer am bisher geplanten Standort nordöstlich des Hallenanbaus werden die Immissionsschutzwerte am Immissionsortwert IO-01 auf dem Nachbargrundstück Flst.Nr. 3700 um ca. 2-3 dB(A) überschritten. Dies erfordert lärmmindernde Schutzmaßnahmen an den Containern z.B. über Einhausung oder Wand. Im Gutachten ist diese Maßnahme bereits bei den Lärmberechnungen berücksichtigt. Mit diesen Maßnahmen können überall umliegend die Immissionsschutzwerte eingehalten werden.

 

Die schalltechnische Untersuchung zeigt, dass durch organisatorische und bauliche Maßnahmen zumutbare Immissionsrichtwerte im Umfeld eingehalten werden können (siehe Anlage 10).

 

Weitergehende und abschließende Regelungen zum konfliktfreien Standort der Container und dessen Lärmabschirmung sind auf der Ebene des Baugenehmigungsverfahrens möglich; es erfolgt eine Abschichtung auf die Ebene der Baugenehmigung. So hat der Bauherr noch eine gewisse Flexibilität. Auf die planungsrechtliche Festsetzung einer Wand oder Einhausung wird aus diesem Grund verzichtet.

 

Ortschaftsrat Altschweier

Die bisher erfolgten Verfahrensschritte sowie die vierte, mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmte Planvariante wurden vorab in der nichtöffentlichen Sitzung des Ortschaftsrats Altschweier am 11. April 2023 vorgestellt. In diesem Zuge wurde auch auf die Lärmsituation eingegangen, allerdings lag bis dahin noch nicht das endgültig erstellte Lärmschutzgutachten vor. Im Ortschaftsrat wurde angesprochen, ob die Reifencontainer nordöstlich der neuen Halle etwas nach Westen verschoben werden können, um den Immissionsschutzort IO-01 mehr entlasten zu können. Dies wurde überprüft. Da durch den Hallenanbau auch Lärmgeräusche in Richtung IO-01 zu erwarten sind, ist der bisher geplante Standort der Container nordöstlich des Hallenanbaus aus lärmschutzrechtlicher Sicht geeignet. Denn dieser fängt auch den Lärm der Halle ab und schützt so den IO-01 vor weiteren Lärmeinwirkungen. Bei einer Verlagerung würden entlang der östlichen Geltungsbereichsgrenze ggf. andere Lärmschutzmaßnahmen zum Tragen kommen. Darüber hinaus können bei einer Verschiebung der Container nach Westen an anderen Immissionsschutzorten die Richtwerte überschritten werden.

 

Der Technische Ausschuss wird diesen Tagesordnungspunkt in seiner Sitzung am 3. Mai 2023 beraten. Über das Ergebnis wird der Gemeinderat mündlich informiert.

 

Der Ortschaftsrat Altschweier wird diesen Tagesordnungspunkt in seiner öffentlichen Sitzung am 9. Mai 2023 beraten. Der Gemeinderat wird dann über das Ergebnis mündlich informiert.

 

Die Verwaltung empfiehlt dem Gemeinderat, die 3. Änderung und Ergänzung des Bebauungsplanvorentwurfes „Grautenbach-Riedbosch“ in Bühl-Altschweier mit textlichen Festsetzungen, Örtlichen Bauvorschriften und Begründung einschließlich Umweltbericht, Artenschutzrechtliche Vorprüfung, LSG-Befreiungsantrag und schalltechnische Untersuchung vom 19. April 2023 zu billigen.

 

Ebenfalls empfiehlt die Verwaltung dem Gemeinderat, die Verwaltung mit der Durchführung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB zu beauftragen.

 


Finanzielle Auswirkungen (inkl. Seitenzahl im Haushaltsplan)

Für das Bebauungsplanverfahren entstehen der Stadt Bühl keine Kosten, da die Kosten vom Vorhabenträger vollständig übernommen werden. Was bleibt, ist der interne Verwaltungsaufwand. 

 


Klimatische Auswirkungen

Für den Bebauungsplanvorentwurf „Grautenbach-Riedbosch, 3. Änderung und Ergänzung“ wurde ein Umweltbericht erstellt, in dem die Auswirkungen auf die einzelnen bedeutsamen Schutzgüter u.a. wie Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, biologische Vielfalt oder Klima/Luft untersucht wurden.

 

Bezüglich der klimatischen Auswirkungen ist das Vorhaben teilweise klimarelevant, da neue Flächen in Anspruch genommen werden. Allerdings hält sich die Klimarelevanz in Grenzen. Denn mit der Bebauungsplanänderung und –ergänzung wird im Bereich des bisher gültigen Bebauungsplanes eine leichte Verbesserung der überbauten Fläche erreicht. Während nach bisherigem Planrecht eine Vollversiegelung des Grundstückes mit Nebenanlagen, Stellplätzen etc. von bis zu 100% möglich war, wird die GRZ im Rahmen der Überplanung künftig begrenzt. So liegt die GRZ für die Hauptnutzung wie bisher bei 0,35; die GRZ mit Nutzungen nach § 19 Abs. 4 BauNVO darf aber künftig nur noch auf bis zu 0,95 ausgeschöpft werden. Ferner hat sich der Vorhabenträger bereit erklärt, seine vorhandenen Garagen und versiegelten Flächen rückwärts der Bestandsbebauung auf dem Grundstück Flst.Nr. 1468/7 zurückzubauen und diesen Bereich als private Grünfläche (PG 2 Randgrün) anzulegen.

 

Für den Hallenanbau muss neue Fläche in Anspruch genommen werden. Allerdings kann der Anbau durch Ausgleichsmaßnahmen wie Dachbegrünung, Anpflanzen von Bäumen und Anlegen einer Fettwiese komplett kompensiert werden. Dies führt zu einem Überschuss von ca. 8.700 Ökopunkten, die dem Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet zu Gute kommt und als Ausgleich für den Eingriff ins Landschaftsbild verwendet werden. Dies trägt auch zur positiven Entwicklung auf das Schutzgut Klima/Luft bei.

 

Bezüglich der Auswirkungen auf das Schutzgut Klima/Luft ist gemäß dem Umweltbericht hervorzuheben, dass die geplante Bebauung die klimaökologische Situation nicht erheblich stört. Den klimatischen Auswirkungen wird mit den oben genannten geeigneten Maßnahmen begegnet.