III. Beschlussvorschlag:

Dem Gemeinderat liegt die Globalberechnung für die Abwasserbeseitigung Stand Oktober 2017 komplett vor. Der Gemeinderat beschließt die Globalberechnung einschließlich der Erläuterungstexte in allen Teilen und bestätigt die darin vorgeschlagenen Festlegungen.

Insbesondere werden folgende Festlegungen und Ermessensentscheidungen getroffen:

a) Der Gemeinderat beschließt in der Abwasserbeseitigung die Erhebung von einheitlichen Beiträgen für das Gesamtgebiet.

b) Der Gemeinderat beschließt in der Abwasserbeseitigung die Erhebung von Teilbeiträgen für den Entwässerungs- (Kanal) und Klärbereich (Kläranlage, Sammler, Pumpwerke, Regenüberlaufbecken und Regenwasserbehandlungsanlagen).

c) Die Sammler, Regenüberlaufbecken und die Regenwasserbehandlungsanlagen werden dem Klärbereich zugeordnet.

d) Der Gemeinderat stellt fest, dass die künftigen Flächen, die entsprechenden künftigen Kosten und die künftig zu erwartenden Zuweisungen vollständig und richtig aus den vorliegenden Planungen der Stadt Bühl in die Globalberechnung übernommen wurden. Das Kartenmaterial (Anlagen 1-22) und die Flächentabellen werden zum Bestandteil der Globalberechnung erklärt.

e) Der Planungszeitraum der Globalberechnung wird auf das Jahr 2030 festgelegt.

f)  Die Preissteigerungsrate wird in Höhe von 2,5% beschlossen.

g)  Bei vorliegendem Mischsystem wird der Straßenentwässerungsanteil ent­sprechend der Zwei-Kanal-Modell-Berechnung der VEDEWA für die Kanäle, Sammler, Pumpwerke und Regenüberlaufbecken für das Gesamtgebiet auf 25 % festgesetzt. Für die Kläranlage werden pauschal 5% abgesetzt. Für Kläranlagen mit reiner Schmutzwasserzufuhr wird kein Straßenentwässerungsanteil abgesetzt. Bei den Regenwasserleitungen und Regenwasserbehandlungsanlagen werden 50% Straßenentwässerungskostenanteil abgezogen. Für die Schmutzwasserkanäle und die Grundstücksanschlussleitungen im öffentlichen Bereich ist kein Abzug für die Straßenoberflächenwasser­beseitigung vorzunehmen.

 

h) Der Anteil der von der Stadt Bühl selbst zu tragenden, beitragsfähigen Kosten gem. § 23 Abs. 1 KAG für das "öffentliche Interesse" wird auf 5% festgesetzt.

i)   Der über Gebühren zu finanzierende Anteil gem. § 20 Abs. 1 KAG wird in Höhe von 5% festgesetzt.

k)  Der Gemeinderat beschließt als Verteilungsmaßstab die Nutzungsfläche und setzt folgende Beiträge fest:

Entwässerungsbeitrag                                                                                                            4,08 €/m²

(öffentlicher Abwasserkanal)

 

Klärbeitrag                                                                                                                                  2,11 €/m²

(mechanischer und biologischer Teil der Kläranlage, Sammler, Pumpwerke und Regenwasserbehandlungsanlagen)

 

l)    Die Verwaltung wird beauftragt, die neu beschlossenen Beitragssätze in die örtliche Abwassersatzung aufzunehmen.

 

 

 


I. Sachverhalt:

Die von der Rechtsprechung entwickelte sogenannte Globalberechnung dient zur Ermittlung des zulässigen Beitragssatzes für die Kanal- und Klärbeiträge und bildet  damit die Grundlage für die Erhebung von Abwasserbeiträgen. Sie soll als Kontrollrechnung den Nachweis liefern, dass das Gleichbehandlungsgebot berücksichtigt ist sowie dem Überfinanzierungsverbot Rechnung getragen wird.

Innerhalb der Globalberechnung sind durch den Gemeinderat Ermessens- und Prognoseentscheidungen zu treffen. Diese müssen so erfolgen, dass sie von Dritten und insbesondere von Gerichten nachvollzogen werden können. Das Ermessen bezieht sich einerseits auf die Herstellungskosten der Einrichtung und andererseits auf die an die öffentliche Einrichtung anzuschließenden Flächen.

Die 1991 erstellte Globalberechnung wurde 1996/1997 und 2001/2002 fortgeschrieben. Der Prognosezeitraum der letzten Globalberechnung endete im Jahr 2013, sodass dringend eine Überarbeitung bzw. eine erneute Fortschreibung ansteht.

Die bisherigen Globalberechnungen wurden allesamt von einem externen Dienstleister begleitet. Mit der jetzt vorliegenden Neuberechnung wurde das Büro Heyder + Partner mit einschlägiger Erfahrung auf diesem Gebiet beauftragt.

Durch die Globalberechnung der Stadt Bühl Stand Oktober 2017 werden die Beitragssätze für die Abwasserbeseitigung neu ermittelt und der Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom April 2009, der weiterentwickelten Rechtsprechung auf diesem Gebiet und den gemeindlichen Veränderungen im Kosten- und Flächenbereich angepasst.

Die aktualisierte Globalberechnung beruht auf dem vorliegenden Jahresabschluss 2016 und dem Wirtschaftsplan 2017 des Eigenbetriebs Abwasserbeseitigung und ist bis auf das Jahr 2030 hin ausgerichtet. Die Kosten für die Vierte Reinigungsstufe der Kläranlage wurden aufgrund des noch frühen Planungsstadiums des Vorhabens und der damit zusammenhängenden Schwierigkeit, Kosten seriös zu kalkulieren, noch nicht mit eingerechnet. Ob im Gegenzug die nächste Globalberechnung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt oder eine andere Form der Abrechnung gewählt wird, wird zu gegebener Zeit geprüft. Möglich wäre z.B. die Einführung eines sogenannten Verbesserungsbeitrags nach KAG, ohne eine erneute Globalberechnung aufzustellen.

 

Grundgedanke der Globalberechnung ist, dass alle gegenwärtigen und künftigen Benutzer der öffentlichen Einrichtung gleichermaßen zu den Kosten der Einrichtung beizutragen haben. Deshalb sind Berechnungsfaktoren die gesamten gegenwärtigen und künftigen Herstellungskosten einerseits und die Summe der sich nach dem gewählten Maßstab ergebenden Bemessungseinheiten aller von dieser Einrichtung erschlossenen und künftig noch zu erschließenden Grundstücke andererseits. Der höchstzulässige Beitragssatz ergibt sich somit aus der Umlegung der beitragsfähigen Gesamtkosten auf die Gesamtheit der Bemessungseinheiten.

Entsprechend diesem Grundgedanken besteht die Globalberechnung aus zwei Bereichen: Der Flächenseite und der Kostenseite.

B. Flächenseite

Auch die Flächenberechnung muss dem Gemeinderat komplett vorliegen, damit er die entsprechenden Ermessens- und Prognoseentscheidungen rechtmäßig ausüben kann. Die Pläne wurden deshalb den Sitzungsunterlagen digital beigefügt und können während der Sitzung nochmals eingesehen werden.

Die Flächenermittlung besteht einerseits aus dokumentierten Flurkarten, aus denen ersichtlich ist, welche Flächen in der Globalberechnung eingestellt wurden und andererseits aus den Flächentabellen, in denen die Flächen entsprechend der Dokumentation nach den Verteilungsmaßstäben Grundstücksfläche und beitragspflichtige Nutzungsfläche aufgenommen wurden.

Bei den Flächen wurde entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung differenziert zwischen:

- unbeplantem Innenbereich (BoBPl)

- Bereich mit qualifizierten und übergeleiteten Bebauungsplänen (BmBPl)

- künftigen Flächen (Flächen nach Bebauungsplan, KmBPl, Flächennutzungsplan, KFNP und weiteren Reserveflächen)

C. Kostenseite

Nach ständiger Rechtsprechung muss die Globalberechnung dem Gemeinderat als satzungsgebendem Organ komplett vorliegen und auf dieser Grundlage muss nachvollziehbar sein, ob und in welcher Weise der Satzungsgeber die erforderlichen Ermessens- und Prognoseentscheidungen getroffen hat. Die vollständige Globalberechnung ist einschließlich der notwendigen Pläne zur Flächenermittlung den Sitzungsunterlagen beigefügt und konnte außerdem im Rathaus, FB Finanzen, Abteilung Steuern und Beiträge eingesehen werden.

Während der Sitzung wird das Büro Heyder + Partner die Globalberechnung erläutern und dabei insbesondere auf die Punkte eingehen, in denen Prognose- und Ermessensentscheidungen zu treffen sind. Die Zustimmung zu den Inhalten und berechneten Beitragsobergrenzen ist an strenge rechtliche Vorgaben, auch unter Berücksichtigung von Gerichtsurteilen, gebunden. Daher sind die zu fassenden Beschlüsse umfangreich und detailliert. Insbesondere müssen nachfolgende Punkte beachtet und ausdrücklich beschlossen werden:

1. Einheitlicher Beitragssatz

Gem. § 20 Abs. 1 i.V.m. § 29 KAG steht es im Ermessen der Gemeinde einheitliche oder getrennte Beitragssätze für verschiedene Ent- bzw. Versorgungssysteme festzulegen.

In der vorliegenden Globalberechnung wurden, in Anlehnung an die bisherigen Satzungsregelungen bzw. den Gemeinderatsbeschluss, einheitliche Beiträge für das gesamte Gemeindegebiet berechnet. Dem Gemeinderat wird empfohlen, entsprechend zu beschließen.

Gemäß § 29 Abs. 1 KAG sind die Gemeinden ermächtigt, in ihren Beitragssatzungen Teilbeitragssätze für verschiedene Teileinrichtungen festzulegen.

In der vorliegenden Globalberechnung wurden ein Entwässerungsbeitrag für den öffentlichen Abwasserkanal und ein weiterer Teilbeitrag (Klärbeitrag) für den mechanischen und biologischen Teil der Kläranlage, jeweils für das gesamte Gemeindegebiet, berechnet.

2. Zuordnung Sammler und Regenbecken

Nach der Rechtsprechung hat der Gemeinderat ein Ermessen dahingehend, ob er diese Positionen dem Entwässerungs- oder dem Klärbereich zuordnen will. Diese Wahlfreiheit wurde in mehreren Entscheidungen des VGH bestätigt. Die Sammler, Regenüberlaufbecken und Regenbehandlungsanlagen wurden dem Klärbereich zugeordnet. Dem Gemeinderat wird empfohlen entsprechend zu beschließen.

3. Künftige Kosten / Künftige Flächen

Die Kosten der zukünftigen Investitionen wurden auf der Preisbasis des Jahres 2017 entsprechend den vorliegenden Kostenschätzungen ermittelt. Die zukünftig anzusetzenden Kosten wurden mit einer Preissteigerungsrate indiziert (siehe Pkt. 4).

 

Bei Flächen, die bisher nur im Flächennutzungsplan als zukünftige Flächen vorgesehen sind, wurde die Gesamtfläche unter Abzug eines Anteils für öffentliche Flächen, die tatsächlich überbaubare Fläche und das Nutzungsmaß aufgrund der bisher vorliegenden planerischen Entscheidungen prognostiziert.

 

Der Gemeinderat der Stadt Bühl stellt die Vollständigkeit und Richtigkeit der Flächenzusammenstellung, insbesondere die Ermittlung der zukünftig an die Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung anschließbaren Flächen fest. Das Kartenmaterial zu dieser Flächenermittlung und die Flächentabellen werden zum Bestandteil der Globalberechnung erklärt.

4. Preissteigerungsrate

Die künftigen Herstellungskosten wurden unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen jährlichen Preissteigerungsrate ermittelt. In der Abwasserbeseitigung wurden 2,5% in Ansatz gebracht. Die Höhe ergibt sich aus dem Durchschnitt der jährlichen Preissteigerungsraten seit 1970 (vgl. Kapitel 12, Seiten 10/11 des Erläuterungstextes der Globalberechnung). Ausgehend vom Basisjahr der Erhebung wurden die künftigen Kosten und Zuschüsse auf das entsprechende Ausführungsjahr hochgerechnet.

5. Feststellung des öffentlichen Interesses

Das Vorteilsprinzip verpflichtet die Gemeinde, dass ein kommunaler Eigenanteil von mindestens 5% der beitragsfähigen Aufwendungen abgesetzt wird. In der Globalberechnung wurden, in Anlehnung an § 23 Abs. 1 KAG vom 17. März 2005, pauschal 5 % des beitragspflichtigen Herstellungsaufwands der Anlagen für ein allgemeines öffentliches Interesse abgesetzt. Auch dieser Anteil muss vom Gemeinderat ausdrücklich beschlossen werden.

6. Straßenentwässerungsanteil

Aufgrund des Vorteilsprinzips hat bei der Zusammenstellung der Anschaffungs- und Herstellungskosten der Teilaufwand außer Betracht zu bleiben, der auf den Anschluss von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entfällt. Bei vorhandenem Mischsystem kommt dem Satzungsgeber nach der Rechtsprechung ein Auswahlermessen dergestalt zu, dass er frei darüber befinden kann, ob er diesen Straßenentwässerungsanteil nach dem sogenannten Zweikanal- oder Dreikanalmodell ermittelt.

Für die Stadt Bühl wurde für das Mischsystem nach dem Zwei-Kanal-Modell ein Straßenentwässerungsanteil von 25% eingestellt. Dieser Prozentsatz richtet sich nach der VEDEWA-Modellrechnung. Entsprechend wurden diese 25% für die Sammler, Regenüberlaufbecken und Pumpwerke im Mischsystem abgesetzt, da nach Auffassung der Rechtsprechung der Straßen­entwäs­serungs­anteil von Sammlern und Regenüberlaufbecken dem der Kanäle entspricht.

Für die Kläranlage, in die Abwässer aus einem Mischsystem zugeführt werden, wurde ein Straßenentwässerungsanteil von 5% abgezogen. Nach der Rechtsprechung des VGH gilt dieser Anteil als gesicherter Erfahrungswert, der ohne Ermittlung im Einzelnen in die Globalberechnung eingestellt werden kann. Für Kläranlagen mit reiner Schmutzwasserzufuhr wurde kein Straßen­entwässerungsanteil abgezogen.

Beim vorhandenen Trennsystem im Stadtgebiet erscheint bei den Regen­wasserkanälen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die Aufteilung des Aufwands der Grundstücks- und der Straßenentwässerung im Verhältnis 50% zu 50% als angemessen. Es ergibt sich somit für die Regenwasserkanäle und Regenrückhaltebecken ein abzusetzender Straßenentwässerungskostenanteil von 50%. Bei reinen Schmutzwasserkanälen und den Grundstücksanschlussleitungen (im öffentlichen Bereich) ist kein Anteil für die Oberflächenentwässerung der Straßen abzusetzen.

7. Gebührenfinanzierungsanteil

Bei der Globalberechnung muss aufgrund der Änderung des Kommunalabgabengesetzes zwingend ein Gebührenfinanzierungsanteil abgesetzt werden (KAG BW 2005). Eine Beitragserhebung zur vollständigen Deckung der Herstellungskosten nach  KAG 1964 ist nicht mehr zulässig. Die Höhe des geforderten Gebührenfinanzierungsanteils wurde im KAG vom 17. März 2005 offengelassen. Um eine angemessene Reduzierung der Beitragsfinanzierung zu erreichen sollte dieser Anteil mindestens 5% der beitragsfähigen Kosten betragen. In der Globalberechnung der Stadt Bühl wurden 5% der beitragsfähigen Kosten zur Gebührenfinanzierung abgesetzt.

8. Beitragsmaßstab - Höhe des Beitragssatzes:

In Teil B der Globalberechnung (Seite 12, 13 und 14) wurden die Beitragsobergrenzen für die Grundstücksfläche und die Nutzungsfläche berechnet.

Der Gemeinderat beschließt den von der Rechtsprechung anerkannten Beitragsmaßstab der Nutzungsfläche. Die Beitragsobergrenze beträgt laut der vorliegenden Globalberechnung unter Zugrundelegung des Maßstabs der Nutzungsfläche für den

Entwässerungsbereich                                                4,08 €/m²

Klärbereich (gesamt)                                                    2,11 €/m²

Aufteilung des Klärbeitrags in

Klärbeitrag Kläranlage                                                  1,00 €/m²

Leitungsgebundener Klärbeitrag                                             1,11 €/m²

 

Der Gemeinderat muss ausdrücklich beschließen, in welcher Höhe er den Beitragssatz festsetzt. Dabei steht es in seinem Ermessen, ob er dabei die Beitragsobergrenze wählt oder ob er unterhalb dieser den Beitrag festsetzt und gegebenenfalls den Differenzbetrag über Gebühren finanziert. Ein höherer Beitrag darf jedoch nicht festgesetzt werden.

 

 

 


II. Finanzielle Auswirkungen:

Die bisherigen, inzwischen zu niedrigen Abwasserbeiträge tragen nur noch unzureichend zur Deckung des Finanzierungsbedarfs der Investitionen im Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung bei. Mit den neuen Beitragshöhen wird sich dieser Anteil spürbar erhöhen und damit auch zur Eindämmung des Schuldenanstiegs beitragen. Die höheren Beitragssätze tragen auch zur Stabilität der laufenden Abwassergebühren bei.

 

 


Anlagenverzeichnis: