III. Beschlussvorschlag:

a)    Der Gemeinderat beschließt die Stellungnahmen der Verwaltung zu den vorgebrachten Stellungnahmen unter Abwägung öffentlicher und privater Belange.

 

b)    Der Gemeinderat beschließt den geänderten Geltungsbereich und den Bebauungsplanentwurf mit textlichen Festsetzungen, Örtlichen Bauvorschriften und Begründung einschließlich Umweltbericht und Fachbeitrag Artenschutz vom 13. Juli 2020 zu billigen und die Verwaltung zu beauftragen, die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB in Form einer Offenlage durchzuführen sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB zu hören.

 

 


I. Sachverhalt:

In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 21. März 2018 wurde der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Seniorenzentrum Neusatzeck“ in Bühl-Neusatz sowie der Beschluss zum Vorentwurf und zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gefasst. Da es sich beim vorliegenden Bebauungsplanverfahren um eine vorhabenspezifische Planung eines Investors handelt, wurde in der Sitzung darüber hinaus der Abschluss eines städtebaulichen Vor-Vertrags mit dem Investor zur Übernahme aller durch das Verfahren anfallenden Kosten und zur Durchführung eines auf das Projekt bezogenen Bebauungsplanverfahrens beschlossen.

 

Mit Schreiben vom 5. April 2018 wurden 21 Behörden und Träger öffentlicher Belange über die Ziele und Zwecke der Planung informiert. Davon gaben 16 Behörden und Träger öffentlicher Belange eine Rückmeldung, sechs ohne und zehn mit Anregungen. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte vom 9. April 2018 bis zum 11. Mai 2018. Während dieser Zeit wurde eine private Stellungnahme eingereicht. Alle mit Anregungen eingegangenen Stellungnahmen sind mit einer Stellungnahme der Verwaltung versehen und unter Anlage 1 dieser Vorlage beigefügt.

 

In der Vorentwurfsplanung mit Stand 12. März 2018 waren der Erhalt des Ökonomiegebäudes und der Abriss des Mutterhauses mit dem Neubau von drei Gebäudeteilen auf der südlichen Teilfläche vorgesehen. Im Verlauf des weiteren Verfahrens musste das Bauvorhaben nach Vorlage der Ergebnisse aus der Artenschutzuntersuchung und aus der statischen Überprüfung des Ökonomiegebäudes jedoch komplett umgeplant werden. Anstelle des Ökonomiegebäudes wurde ein Z-förmiger Neubau für das Pflegeheim geplant. Das Mutterhaus sollte insgesamt erhalten bleiben. Südlich hiervon war eine ins Erdreich hineinragende Parkgarage vorgesehen.

 

 

Nach Ausarbeitung der neuen Planung auf dieser Grundlage wurde dem Ortschaftsrat Neusatz in seiner Sitzung am 20. November 2018 der (erste) Bebauungsplanentwurf zur Vorberatung vorgelegt.

 

Die Beratung im Ortschaftsrat diesbezüglich verlief sehr kritisch gerade im Hinblick auf die Lage, Größe und Gestaltung der Baukörper sowie zum Erhalt des Mutterhauses. Positiver gegenübergestellt war der Ortschaftsrat der Vorent-
wurfsplanung, weil in dieser Planung der Komplettabriss des Mutterhauses vorgesehen war. Aufgrund dieser Zielsetzung wurde die vorgelegte Planung mit dem Auftrag der erneuten Überarbeitung des Bebauungsplanentwurfes abgelehnt, obwohl die Auflage zum Erhalt des Mutterhauses nicht abwägbar ist.

 

Trotz der Ablehnung wurden mehrfach Änderungswünsche zur Konzeption von Seiten des Ortschaftsrates vorgebracht (Verschiebung des neuen Pflegeheims, Teilabriss des Mutterhauses und Dachform des Neubaus). Der Investor zeigte immer wieder Gesprächsbereitschaft und versuchte zur gemeinsamen Lösungsfindung die Wünsche des Ortschaftsrates aufzunehmen. Im Wesentlichen sind die Änderungswünsche in die Konzeption eingeflossen. Klargestellt wurde immer wieder, dass die Pflicht zum Erhalt des Mutterhauses nicht in Frage gestellt werden kann.

 

Die auf Wunsch des Ortschaftsrates erfolgte Bürgerinformationsveranstaltung am 24. Januar 2019 in der Schlossberghalle in Neusatz ergab auch keine Aussicht auf Konsens.

 

Um Klarheit in der Diskussion zum Erhalt des Mutterhauses zu bringen, fand am 8. August 2019 ein behördenübergreifender Termin mit der Oberen Naturschutzbehörde (Regierungspräsidium Karlsruhe) und der Unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt Rastatt), dem Investor und der Stadt Bühl statt. In der Besprechung sollte geklärt werden, inwiefern das Mutterhaus aus artenschutzrechtlichen Gründen doch abgerissen werden könnte, um der dem Bebauungsplanvorentwurf zugrundeliegenden Konzeption nahe zu kommen. Ergebnis dieses Gesprächs ist nun, dass nach Vorlage weiterer Artenschutzgutachten das Mittelteil des Gebäudes, in dem das Graue Langohr seine Wochenstube hat, erhalten bleiben muss, während die Seitenflügel (teilweise) mit entsprechenden Auflagen und Ausgleichsmaßnahmen abgerissen werden können.

 

Auf der Grundlage dieses Ergebnisses hat der Investor die Planung erneut geändert und versucht, einen Konsens zwischen den im Vorfeld vorgebrachten Wünschen des Ortschaftsrates und den nicht veränderbaren artenschutzrechtlichen Vorgaben herbeizuführen. Der auf dieser Grundlage ausgearbeitete (zweite) Bebauungsplanentwurf wurde im Ortschaftsrat Neusatz am 17. Dezember 2019 negativ beschieden. Der Gemeinderat folgte in seiner Sitzung am 18. Dezember 2019 diesem Votum mehrheitlich.

 

Im Anschluss an die Beschlusslage hat der Investor den Architekten gewechselt und eine neue Planung ausgearbeitet. Fast gleichzeitig hierzu hat der Ortschaftsrat Neusatz in seiner Sitzung am 10. März 2020 und die Freie-Wähler-Fraktion in der Gemeinderatssitzung am 11. März 2020 einen Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplanes für eine Wohnbebauung gestellt.

 

In der gemeinsamen nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderates und des Ortschaftsrates Neusatz am 27. Mai 2020 wurden beide Varianten, Wohnbebauung und geänderte Konzeption des Seniorenzentrums, vorgestellt. Beim Letzteren wurden zudem die wesentlichen Änderungen gegenüber der Entwurfsplanung vom 16. Dezember 2019 durch die extern beauftragte Planerin aufgezeigt.

 

In seiner öffentlichen Sitzung am 17. Juni 2020 hat der Gemeinderat dann über den FW-Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplanes für eine Wohnbebauung nach §13a BauGB mit anschließender Veränderungssperre für das Klosterareal Süd Neusatzeck beraten und ihn mit knapper Mehrheit beschlossen.

 

Aufgrund bedeutsamer Gründe wie Abweichung vom Regionalplan und Flächennutzungsplan, Imageschaden, eventuell finanzieller Schaden wegen einer angekündigten Schadensersatzklage des Investors, negative finanzielle Auswirkungen für die Stadt und Gefahr einer Bauruine hat Herr Oberbürgermeister Schnurr von seinem Widerspruch Gebrauch gemacht.

 

In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 8. Juli 2020 wurde daher erneut über den FW-Antrag sowie über das Seniorenzentrum beraten. Der Gemeinderat hat den FW-Antrag mehrheitlich abgelehnt und grundsätzlich der vorliegenden Konzeption für das Bauvorhaben „Seniorenzentrum Neusatzeck“ seitens des Investors als Basis zur Überarbeitung des Bebauungsplanentwurfes vom 16. Dezember 2019 zugestimmt. Auf der Grundlage dieser Konzeption wurde der Bebauungsplanentwurf mit Stand vom 13. Juli 2020 nun ausgearbeitet.

 

 

Die nun vorliegende Konzeption

Die überarbeitete Konzeption sieht anstelle des Ökonomiegebäudes nun ein in den Hang hinein gestuften T-förmigen Neubau für das Pflegeheim vor (Sondergebiet SO 1).

 

Beim Mutterhaus soll der nördliche Seitenteil teilabgerissen, während der südliche Gebäudeteil komplett abgerissen werden soll. Das vom Grauen Langohr betroffene Mittelteil bleibt weiterhin bestehen (Sondergebiet SO 2). Hier sind die Mitarbeiter-Wohnungen sowie die der Versorgung des Seniorenzentrums dienenden Läden und Dienstleistungen untergebracht. Südlich hiervon ist ein U-förmiger Neubau geplant, in dem die Service-Wohnungen untergebracht sind (Sondergebiet SO 3).

 

Gegenüber der Entwurfsplanung vom 16. Dezember 2019 werden die Gebäudehöhen minimiert. Beim Pflegeheim im SO 1 ergibt sich eine Reduzierung der Gebäudehöhen beim rückwärtigen Gebäudeteil von 0,50 m über 3,80 m beim mittleren bis hin zu 4,30 m beim vorderen, dem straßenzugewandten Baukörperteil.

 

Die Geschossigkeit liegt beim T-förmigen Neubau bei 2-3 Geschossen. Zur Straße sind zwei Geschosse sichtbar. Der mittlere Gebäudeteil und der rückwärtige Baukörper sind 3-geschossig ausgebaut, aufgrund der Hangsituation erscheint der rückwärtige Baukörper jedoch nur 2-geschossig.

 

Während in der Entwurfsplanung vom 16. Dezember 2019 drei Baukörper für die Service-Wohnungen im SO 3 geplant waren, sieht die vorliegende Planung nur noch ein Gebäude vor. Das U-förmige Gebäude reduziert sich gegenüber der alten Planung um 5,20 m. Hierbei ist eine ins Erdreich hineinragende Tiefgarage vorgesehen mit drei Etagen für die Service-Wohnungen und einer Penthaus-Etage. Topografiebedingt erscheint das Gebäude zur Schwarzwaldstraße viergeschossig plus Penthaus und rückwärts zur freien Landschaft 2-geschossig.

 

Weitere Stellplätze sind unterirdisch im Pflegeheim und entlang dem Rettungsweg vorgesehen.

 

 

Ausarbeitung des neuen Bebauungsplanentwurfes

Die Baufenster orientieren sich an der Bestandsbebauung bzw. an den Neubauten. Für die für das Vorhaben erforderlichen Stellplätze sind auf dem Gelände entsprechende Flächen vorgesehen.

 

Die festgesetzten Gebäudehöhen und überbaubaren Grundstücksflächen basieren auf der vorliegenden Konzeption des Investors vom Juni 2020.

 

Aufgrund der besonderen Lage und der räumlichen Nähe zum Landschaftsschutzgebiet werden besondere Anforderungen an die grünordnerische Konzeption des Bauvorhabens gestellt. So wird beispielsweise eine Durchgrünung des Plangebietes über Baumpflanzungen erzielt, die geplante Parkanlage ist naturnah herzustellen und entlang der östlichen Geltungsbereichsgrenze ist eine Eingrünung des Plangebietes über Obstbaumpflanzungen vorzunehmen (siehe auch Ausgleich). Zudem sind die Flachdächer zu begrünen.

 

Darüber hinaus werden durch das Vorhaben artenschutzrechtliche Maßnahmen erforderlich. Dies gilt auch für den Abbruch der Gebäudeteile im Plangebiet. Unter anderem sind die Rodungszeiten einzuhalten, Nistkästen für Vögel aufzuhängen oder spezielle Anforderungen an die Fledermäuse im Rahmen der Bauzeit und der künftigen Nutzung des Areals als Seniorenzentrum zu erfüllen.

 

Um Vogelkollisionen an Fensterglasflächen zu vermeiden, sind entsprechende Vorkehrungen vorzunehmen. Zudem sind insektenfreundliche Beleuchtungen zu verwenden. Für die nach dem Bebauungsplan vorgeschriebene Bepflanzung sind nur Gehölze und Bäume gemäß der Pflanzliste zulässig.

 

 

Planinterner und -externer Ausgleich

Mit dem Bebauungsplan und dem damit verbundenen Bauvorhaben wird ein naturschutzrechtlicher Ausgleich erforderlich.

 

Der Ausgleich wird teilweise im Plangebiet über die Eingrünung entlang der östlichen Geltungsbereichsgrenze oder der Durchgrünung auf dem Baugrundstück sichergestellt. Das übrige Defizit muss jedoch über eine Ökokonto-Maßnahme auf einer externen Fläche im Waldhägenich kompensiert werden (Umwandlung einer Ackerfläche in eine Magerwiese).

 

 

Geänderter Geltungsbereich

Wie bereits in der Abwägung zum Bebauungsplanentwurf vom 16. Dezember 2019 dargestellt reduziert sich Geltungsbereich um das bisher im südlichen Bereich geplante Mischgebiet. Das Mischgebiet liegt mit der überbaubaren Grundstücksfläche (Baufenster) und somit mit der für Hochbauten vorgesehene Fläche größtenteils im Landschaftsschutzgebiet. Die für das Seniorenzentrum erforderlichen Baufenster befinden sich in dem vorliegenden Bebauungsplanentwurf dagegen komplett außerhalb des Landschaftsschutzgebietes. Lediglich für einzelne Wege-/Hofflächen und für den Rettungsweg müssen Flächen im Landschaftsschutzgebiet in Anspruch genommen werden.

 

Da mit dem Seniorenzentrum öffentliche Interessen mit hoher sozialer Art verfolgt werden und keine hochbaulichen Anlagen in das Landschaftsschutzgebiet hineinragen, wird für dieses Projekt eine Befreiungsmöglichkeit von der Landschaftsschutzgebietsverordnung in Aussicht gestellt. Anders verhält es sich mit dem Mischgebiet. Die Untere Naturschutzbehörde hat daher angeregt, das Verfahren beider Baugebietstypen voneinander getrennt fortzuführen.

 

Im östlichen Bereich wird der Geltungsbereich um den Rettungsweg und den Eingrünungsstreifen erweitert.

 

Der Technische Ausschuss wird diesen Tagesordnungspunkt in seiner Sitzung am 20. Juli 2020 beraten. Über das Ergebnis wird der Gemeinderat mündlich informiert.

 

Der Ortschaftsrat Neusatz wird diesen Tagesordnungspunkt am 21. Juli 2020 beraten.

 

 

 

 


II. Finanzielle Auswirkungen:

Für das Bebauungsplanverfahren entstehen der Stadt Bühl keine Kosten, da ein städtebaulicher Vorvertrag mit dem Investor vorliegt.

 

 


Anlagenverzeichnis: